Blog 907 – 14.09.2025 – Feinmechanik, Minischnecke und Maybebops
Die Woche beginnt mit den Briefen, Mails und Rechnungen, die in den letzten beiden Wochen, während ich unterwegs war, angekommen sind und die ich jetzt erst lese, beantworte, bezahle oder schreibe. Dann räume ich meinen „Schlafwagen“ aus, damit er wieder „Auto“ ist, wasche Wäsche und wühle mich mühsam durch mehrere Kostümkisten, um die passende Bekleidung für das nächste Krimidinner zu finden, das in einer Woche stattfinden wird. Die gesuchte Kleidung, von der ich ganz sicher weiß, dass ich sie habe, finde ich nicht, aber ich entdecke andere Teile, mit denen ich improvisieren und Stoff, aus dem ich schnell etwas nähen kann. Immerhin muss ich für meine Rolle nichts neu kaufen, was den Druck aus den Vorbereitungen nimmt. Und ich gehe indisch essen, was von allen Tätigkeiten am meisten Spaß macht.

Draußen regnet es in diesen Tagen oft, was ich saugemütlich finde, wenn ich in der Wohnung bleiben und eine Kanne Tee neben mir haben kann. Ganz plötzlich ist es morgens beim Aufstehen schon wieder dunkel und ich spüre den Herbst. Wie schade. Ein bisschen Sommer könnte ich noch gebrauchen.
Der Mittwoch ist wieder Papa-Tag. Diesmal gibt es am Nachmittag Besuch aus der Familie zum Kaffeetrinken, was nicht nur meinen Vater freut, sondern den Tag auch kurzweiliger macht.
Am nächsten Tag beginne ich kurzentschlossen mit den kleinen Näharbeiten für mein Krimidinner-Kostüm. Die alte, eigentlich unzerstörbare Ich-näh-alles-Singermaschine muckt herum. Schließlich bleibt die Nadel komplett hängen. Ich entdecke einen Faden, der sich im Innenraum unter einem Bauteil fest verklemmt hat. Ach, menno, ich will doch nur schnell etwas nähen. Seufzend beginne ich mit dem Lösen von Schrauben, um an den Faden zu kommen. Meine Güte – ich habe so gar keine Lust jetzt als Feinmechanikerin eine Nähmaschine auseinanderzubauen. Außerdem muss ich die Kleinteile dann ja auch möglichst korrekt wieder zusammensetzen. Ich habe da meine Zweifel, ob am Ende alles wieder reinpasst.

Meine Stimmung steigt, als ich den Faden entfernen und alle Teile wieder passend einsetzen kann. Schnell drehe ich die letzten Schrauben fest, doch da merke ich, dass die Spule für den Unterfaden komplett locker sitzt. Also nochmal alles raus, Spule fest einsetzen und beim Verschrauben mit Druck an ihrem Platz halten. Sieh mal an, als Feinmechanikerin bin ich gar nicht so ungeeignet. Ich habe keine Ahnung, was warum und wie zusammenhängt, aber ich kann es wieder zusammenpuzzeln. Da bin ich jetzt doch ein bisschen stolz. Als ich nähen will, bewegt sich die Nadel wieder vorbildlich auf und ab, die Unterspule sitzt jetzt aber komplett fest und gibt keinen Faden dazu. Ach, menno! Doppel-Menno! Vielleicht fehlt ja Öl und darum klemmt es? Ich habe die Maschine gebraucht gekauft und da stand sie vermutlich schon Jahrzehnte ungenutzt im Schrank. Aber jetzt alles auseinanderbauen, säubern und ölen? Da geht ja total viel Zeit drauf. Die habe ich gerade nicht.
Ich hole meine andere Nähmaschine aus dem Keller, die deutlich jünger als die alte Singer, allerdings auch schon ziemlich alt ist. Als ich die erste Naht mit ihr nähe, fällt mir ein, warum ich sie nicht mehr nutze: Der Transportmechanismus für den Stoff funktioniert nicht mehr richtig. Das ist mir jetzt aber egal. Ich ziehe den immer wieder stoppenden Stoff energisch unter der Nadel entlang und nähe meine Nähte. Perfekt wird es nicht, aber da guckt niemand so genau hin.

In den nächsten Tagen muss ich noch die Endfäden an den Nähten sauber abschneiden, aber ansonsten habe ich alles zusammen und bin ich mit meinem Kostüm fertig. Das erleichtert mich sehr, denn ich habe an den nächsten Tagen noch viel anderes vor. Nur dass ich jetzt die Stoffe und Kostümteile zurück in die passenden Kisten räumen, die wieder stapeln und demnächst auch mal die alte Nähmaschine auseinanderbauen, ölen und wieder zusammenbauen muss, ist etwas blöd.
Im Garten ernte ich eine Schüssel voll Trauben von fünf verschiedenen Rebsorten. Zwei sind ganz gut, hätten aber mehr Sonne gebrauchen können, eine ist ziemlich sauer, aber die dunklen Muskatellertrauben von der Laube sind süß und haben intensiven Geschmack und die roten Vanessatrauben vom Zaun sind sehr erfrischend lecker und knackigsüß. Wie gut, dass ich mir alle Trauben gut angucke, bevor ich sie esse, denn mittendrin sitzt eine winzigkleine Babyschnecke. Die hätte zwischen den Zähnen vermutlich nur mal kurz geknackt und ich hätte sie für einen Kern gehalten. Ich lasse sie auf einen Löffelstiel kriechen, der unter ihr wie ein Stahlträger aussieht, und bringe sie in den Garten. Dass so winzigkleine Schnecken schon so perfekt aussehen!

Am Samstag fahre ich nach Frankfurt zum Maybebop-Konzert. Frankfurt ist für mich ein sehr praktischer Konzertort geworden, weil ich dann beim Frankfurt-Sohn übernachten kann, der sich darüber sogar freut. Der Sohn spielt genau an diesem Wochenende in einem Theaterstück mit und ist deswegen abends ebenfalls beschäftigt. Vor Wochen hatte ich nur grob angekündigt, dass ich für das Konzert „Mitte September“ eine Nacht bei ihm übernachten werde. Bei der Feinabstimmung kurz vor dem Termin stellt sich heraus, dass genau an diesem Abend ein Freund bei ihm übernachtet, der extra aus Thüringen kommt, um das Theaterstück anzusehen. Und dabei hatte ich doch gedacht, dass die Abende, an denen beim Sohn Theatertermine anstehen, ganz sicher frei von Besuch sind. Dass jemand extra wegen eines Theatertermines kommen könnte, hatte ich nicht bedacht. Meine Schuld. Das hätte ich besser absprechen müssen. Ich buche mir ein Hotelzimmer, fünf Minuten Fußweg vom Sohn entfernt.
Das Maybebop-Konzert findet im Saalbau des Stadtteiles Griesheim statt, und wenn man einen Saalbau kennt, kennt man quasi alle. Vermutlich gibt es nur einen einzigen Architektenplan, nach dem alle Saalgebäude gebaut werden. Das hat den Vorteil, dass ich mich sofort auskenne, die Toiletten problemlos finde und das sichere Gefühl habe, dort schon mal gewesen zu sein. Dabei kann das gar nicht sein. Vertraut kommen mir auch die Maybebops auf der Bühne vor – kein Wunder – und sogar das Programm habe ich schon mal gesehen. Das ist wieder großartig. Ich lache, lausche, schmelze dahin und genieße. Am Ende gibt es langen, lauten Applaus, Gejubel und Standing Ovation, und es hört gar nicht mehr auf. Da gucken sogar die Maybebops etwas überrumpelt ins begeistert applaudierende Publikum, während sie abwarten müssen, bis sie wieder zu Wort kommen. Hach, ein sehr toller Abend. Wie schön, dass ich dabei sein konnte.
