Blog 861 – 27.10.2024 – Nessi, Friedemann, Klöppeln und Berichte
Am Sonntagabend fahre ich in den Nachbarort, um das aktuelle Programm von Nessi Tausendschön anzusehen. Ich habe schon mal ein Programm von ihr angesehen, fand sie sehr gut und wollte unbedingt nochmal zu ihr gehen. Aber wie es so ist – zack! sind 15 Jahre vorbei. Immerhin habe ich in den fünfzehn Jahren immer, wenn ich sie im Fernsehen oder auf einer Ankündigung gesehen habe, gesagt, dass ich unbedingt nochmal in ein Programm von ihr gehen möchte.
Das Programm heißt „Rumeiern“, und auch wenn Nessi Tausendschön betont, dass nicht nur das Wetter, die Weltlage und viele Politiker rumeiern würden, sondern auch sie selber keinen roten Faden für den Abend hätte und rumeiere, wirkt es nicht wirr oder unzusammenhängend. Sie erzählt, singt, macht Quatsch und spielt eine zauberhaft wimmernde singende Säge. Musikalisch gekonnt begleitet wird sie von William Mackenzie. Nessi Tausendschön ist für mich eine zarte, mädchenhafte Prinzessin, die brüllen kann, schlau, laut, witzig, sanft, geradlinig, verspielt, hochmusikalisch, temperamentvoll und komisch ist. „Der Kabarettismus ist ein sehr schöner Beruf“, findet Nessi Tausendschön, und dieser Satz passt nicht nur inhaltlich zu ihr, er ist auch ein schönes Beispiel für ihre wunderbaren Wortspielereien. Ich bin sehr erfreut und denke: „In ein Programm von ihr will ich unbedingt noch mal gehen!“ Könnte ja auch mal schneller als erst in fünfzehn Jahren gehen.
Im Foyer des Veranstaltungsortes sehe ich noch das Plakat von Jess Jochimsen hängen. Genau zu dieser Vorstellung wollte ich vor zehn Tagen gehen, hatte mich lange darauf gefreut und es am Abend dann komplett vergessen. „Wie schade!“, denke ich erneut und bin immer noch enttäuscht. Da sehe ich einen aufgeklebten Zusatzzettel am unteren Ende des Plakates und trete näher. Was? Die Vorstellung ist ausgefallen! Ich wäre völlig umsonst hingefahren und hätte das erst vor Ort erfahren. Na, da ist es ja richtig Glück, dass ich so dämlich war und gar nicht erst losgefahren bin!
Beim heimischen kleinen Theaterverein wird in lockeren Terminen ein Improkurs angeboten. Bisher war mein Kopf zu voll oder ich viel zu müde, um daran teilnehmen zu können und zu wollen, aber am Dienstagabend finde ich, dass ich fit genug bin. Also los! Da es bei den Teilnehmern auch bühnenunerfahrene und unsichere gibt, fallen manche Improvisationen etwas stockend aus, aber ich habe trotzdem Spaß und merke, dass meine Hirnzellen sich über ihre ungewohnte Aktivität freuen. Wir kommen mit „Klöppeln auf der Alm“ und „Damenhüte vom Kölner Dom werfen“ unter Gelächter erfolgreich ans Ziel. Auf der Rückfahrt merke ich, dass es mir sehr gut tut, wenn der Kopf schnell und kreativ reagieren darf und es in den Hirnwindungen wieder blitzt.
Der Mittwoch verbringe ich von morgens bis zum späten Nachmittag bei meinem Vater. Es ist sozusagen „Vatertag“. Wie immer ist eine Menge zu erledigen und zu tun, aber die neue Lebenssituation hat sich eingependelt und es läuft gut. In vier Wochen muss die Pflegekraft Aleksandra nach EU-Recht an eine andere Pflegekraft übergeben und vorerst zurück nach Polen reisen. Das wird mir wieder Aufwand bringen, weil die neue Kraft erstmal die Abläufe und ihre Aufgaben kennenlernen muss und auch mein Vater sich umgewöhnen muss. Er hat jetzt schon Sorge, dass sie nicht so gut wie Aleksandra kochen kann. Es wird jetzt aber alles einfacher sein als zu Beginn der Situation. Zum Glück wird Aleksandra danach wieder übernehmen.
Am Donnerstagabend tritt Friedemann Weise im Düsseldorfer ZAKK mit „Das bisschen Content“ auf. Das ist eine gute Gelegenheit, um mit dem Düsseldorfer Sohn hinzugehen. Friedemanns Stimme ist etwas angegriffen und hört sich deutlich heiser an. Das macht sie besonders beim Singen zur etwas tieferen, rauen Liedermacherstimme und klingt unerwartet sexy. Ein Schuss Leonard Cohen – der dann wieder im Kontrast zu den eher lustigen Texten steht.
Er fragt sich singend, was ein Bäcker zum Frühstück isst, und weil der ja frühstückt, bevor er arbeitet, muss es wohl immer das Brot vom Vortag sein. Tragisch. Zwischen den Liedern erzählt er – ich liebe Sätze wie: „Die Uhr hat ein Ziffernblatt im zeitlosen Design“, die beim Publikum nur langsam reintröpfeln und manchmal vermutlich nicht mal ankommen -, ist locker und souverän, geht auf die Zuschauer ein und reagiert schlagfertig. Die ganze Zeit ist er dabei so lebendig, dass er die volle Aufmerksamkeit hat. Die geht höchstens mal auf seinen Spielpartner „Friedemännchen“ über, der in einer Box sitzt und per Video zugeschaltet wird. Am Ende spielen sie sogar ein Lied gemeinsam.
Das Publikum kichert, giggelt und ist sehr aufmerksam, bleibt aber in den spontanen Reaktionen etwas leise. Keine Lachstürme, dafür aber kräftiger Applaus. Das passt schon. Mir fehlen etwas die blödsinnigen, oft kurzen, aber auch mal längeren Geschichten, die Friedemann Weise oft erzählt hat. Nur einmal setzt er sich ans Klavier, spielt untermalende Akkorde und haut dabei eine Reihe von kurzen Geschichten und Gags raus, die das Publikum zu noch mehr halblautem Gekicher und Gegiggel bringen. Die Lieder machen Spaß und sind gut gemacht, „Friedemännchen“ ist auch gut, das spontane Erzählen und die schrägen Geschichten und Gags könnten etwas mehr Platz im Programm bekommen. Da ist Friedemann Weise einzigartig und schnappatmungswitzig und davon hätte ich gerne noch mehr.
Wir gehen gut gelaunt aus dem Saal und ich warte noch kurz im davorliegenden Gang, denn Friedemann weiß, dass ich als Zuschauerin da bin. Vielleicht kommt er noch raus, vielleicht braucht er Ruhe und behandelt seinen Hals. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass ein Techniker im leeren Saal auf die Bühne tritt. Er guckt, winkt und ruft dann kurz. Häh? Ich gucke genauer und sehe, dass es Friedemann ist. Ruft er mich? Kann er mich im Flur überhaupt erkennen? Ich gehe wieder rein und auf ihn zu und er sagt kopfschüttelnd: „Das ist doch ganz falsch, wenn der Star nach dem Fan ruft. Das muss doch umgekehrt sein.“ Das könnte der Stoff für ein neues Lied sein.
Am nächsten Morgen geht der Sohn, den ich am Vorabend schlauerweise von Düsseldorf mit nach Hause genommen habe, mit mir die neue Homepage durch. Die ist einfach und klar gestaltet, damit sie später möglichst wenig fehleranfällig ist, aber die Schriftgrößen, Farben und Abstände müssen angepasst werden. Das geht nicht ganz einfach, sondern muss programmiert werden. Der Sohn, der sonst nichts speziell mit Homepages zu tun hat, arbeitet sich kurz rein und passt alles wunschgemäß an. Manchmal muss er etwas rumprobieren, bis er das gewünschte Ergebnis hat. Plötzlich sagt er erschrocken: „Ups, jetzt habe ich die Homepage gelöscht!“, und guckt auf den leeren Bildschirm. Oh, nein! Er sieht mich an, grinst und sagt beruhigend: „War Spaß! Glaub mir, ich hab das im Griff!“ Ich nicke und warte, dass mein 250er-Puls wieder runtergeht. Hauptsache, das Kind hat Spaß. Und es programmiert.
Am Nachmittag fahre ich ihn wieder zurück, weil er noch Termine hat und sich nur die Zeit für die Homepage genommen hat. Wie gut! Jetzt kann ich gezielt weiterarbeiten. Es ist schon Wahnsinn, was sich in fast fünfundzwanzig Jahren an Berichten angesammelt hat! Ich darf gar nicht auf die Menge gucken, sondern muss einfach Bericht für Bericht abarbeiten. Oh, Hilfe!! Nein, nicht nachdenken! Und vor allem nicht durchzählen!
Auch wenn es Extraarbeit bedeutet, bekommen die neuen Verlinkungen zu den Berichten jetzt alle auch ein passendes Foto, das ich jeweils raussuchen, formatieren und hochladen muss. Das macht später aber die Orientierung leichter und sieht gleich viel professioneller aus. Hach, das wird richtig schön werden. Noch ist der Veröffentlichungstermin nicht abzusehen, ich hoffe aber aber: Noch in diesem Jahr.
Draußen legt ein sonniger, warmer, wunderschöner Herbst los. Viele Bäume und Büsche sind immer noch zu grün, dazwischen gibt es das erste gelbe und rote Herbstlaub und hin und wieder einen fast kahlen Baum.