Blog 867 – 08.12.2024 – Verwüstung, Kochkurs und Beziehungsstatus
Privater Motorsägentag. Ich laufe durch den Garten und kürze radikal. Da ich erstmal nur absäge und liegenlasse, hinterlasse ich Schneisen der Verwüstung – wobei das ja eher keine Schneisen sind, sondern Äste und Stämme, über die ich manchmal noch mühsam klettern kann, meistens aber einen Weg drumherum nehmen muss.
Auch der schöne sechsstämmige Maulbeerbaum ist dran, den ich so, wie er ist, sehr mag. Aber er ist inzwischen sehr hoch und lässt blöderweise im Juni und Juli täglich saftige Maulbeeren weiträumig auf die Terrasse, den Tisch und die Stühle regnen. Es wird alles matschig und schwarz, und die Terrasse ist nicht zu benutzen. Er soll nicht komplett weg, aber so gestutzt werden, dass er in einer bearbeitbaren Höhe und Breite bleibt.
Die Stämme sind nicht dick, aber so hoch, dass ich den Gatten dazuhole, der an einem langen Seil zieht und damit die Fallrichtung des jeweiligen Stammes sichert. Auch wenn ich mit der Motorsäge umgehen kann und weiß, wie hohe Stämme abgesägt werden, bleibt immer ein Risiko. So ein Stamm kann an der Sägestelle brechen, sich plötzlich drehen oder im Nachbarstamm verhaken, so dass er unerwartet anders fällt und im schlimmsten Fall mit dem abgesägten Ende und viel Schwung in Richtung der Motorsägerin rast. Es ist immer wieder überraschend, wie schwer auch ein schmaler Stamm ist und wie schnell er sein kann.
Es klappt alles wie geplant, nur meinen Rückweg zum Haus muss ich mir danach tatsächlich freisägen, weil die langen Stämme und die breiten Maulbeerbaukronen den Weg komplett versperren. Auch wenn ich den schönen hohen Baum – außer im Juni und Juli – vermissen werde, bin ich erleichtert mit meiner Entscheidung. Im nächsten Frühjahr werden die Reststämme hoffentlich gut austreiben.
Die neue polnische Betreuung meines Vaters, die nur für sechs Wochen da ist, ist anders als die vorherige. Sie ist ruhiger, weniger aktiv, sie kauft nicht gerne, dafür aber preiswerter ein, und sie wirbelt nicht den ganzen Tag herum, um alles sehr perfekt sauber zu machen. Aber auch sie hat meinen Vater aufmerksam und liebevoll im Blick und betreut ihn sehr gut, was immer das Wichtigste ist. Es entlastet sehr, ihn so zuverlässig versorgt zu wissen.
Als ich am Mittwoch bei ihm bin, habe ich schon wieder mit einem Maulbeerbaum und einer Motorsäge zu tun. Er hat einen niedrigwachsenden Maulbeerbaum im Garten, bei dem ihn die Stellen am Stamm stören, an denen kleine Äste ausgetrieben sind. Am meisten stört ihn, dass er die sieht und nicht selber entfernen kann. Wie schlimm, wenn man sein Leben lang alles selber gemacht hat und plötzlich davon abhängig ist, dass jemand anderes das macht. Also hole ich seine Motorsäge aus dem Keller, fülle Öl nach und säge die Äste ab. Mal sehen, wer bei mir später abholzt, wenn ich das nicht mehr kann.
Am nächsten Abend ist wieder ein Online-Kochkurs von „apetito catering“. Die beiden Köche machen das aus Spaß und sind nicht fernsehkochgewohnt. Dementsprechend ist nicht immer zu sehen, was sie gerade machen und zu zweit sind sie viel schneller als ich. Es ist manchmal etwas chaotisch und es macht Spaß, vielleicht auch, weil es nicht so perfekt vorbereitet und einstudiert ist. Weil ich weiß, dass ich im Tempo manchmal abgehängt werde und dann noch Äpfel würfle, während die beiden Köche schon das fertige Kompott rühren, lese ich inzwischen das vorher zugemailte Rezept gründlich durch und bereite am Nachmittag einiges vor. Orangenfilets schneiden, Sellerie würfeln, Sesam anrösten, Apfelkompott kochen, Brot zu Krümeln stampfen. Das kann alles schon fertig neben dem Herd stehen.
Beim Live-Mitkochen, das bei Youtube anzusehen ist, bemerke ich, dass beim Kompott nicht die Mandeln zuerst karamellisiert werden – so steht es im Rezept -, sondern die Äpfel zuerst in die Pfanne kommen und am Ende die Mandeln zugegeben werden. Kein Wunder, dass mein Kompott sehr braun und geröstet aussieht, während das auf dem Bildschirm sehr hell bleibt. Auch die Brotkrümel, die ich sehr fein gestampft habe, sollen dann unerwartet stückig bleiben. Und hat der Koch gerade Wasser in das Selleriepüree gegeben? Ich habe es nicht genau sehen können, habe selber aber rezeptgetreu nur Sahne zugegossen. Improvisieren und nicht komplett rezepttreu zu arbeiten ist aber kein Problem. Ich kaufe auch nicht 2 Gramm Sprossen für die Deko, wenn ich die sonst nicht brauchen kann. Das klappt trotzdem alles.
Nach einer Stunde kochen, in der ich wegen meiner Vorbereitungen diesmal sogar zu viel entspannte Wartezeiten habe, steht ein tolles Essen auf dem Tisch. Kabeljau mit Meerrettichknusperkruste an Selleriepüree mit Rote Beete Carpaccio, Feldsalat, Orange und Sesam, als Dessert Birnentarte mit Thymian, Apfelstrudel und Vanillecreme. Sehr lecker! Mit intensivem, tollen Geschmack. Und dann doch unerwartet leicht zu machen. Die Kochstunden sind bei Youtube zu sehen, wenn man sich vorher anmeldet, bekommt man die Einkaufsliste und das Rezept geschickt.
Die kleine Kaninchendame „Hanni“ stirbt in dieser Woche, nachdem sie seit längerer Zeit altersbedingt klappriger wurde. Sie hätte manchmal einen Rollator gebrauchen können, ist aber immer noch tapfer durch das Gehege gehoppelt und hat bis zum Schluss gerne gefressen. Nur springen wollte sie seit einiger Zeit nicht mehr, so dass sie nicht mehr in ihre Schlafkammer in der zweiten Gehegeetage kam. Darum kam ein alter Kaninchenkäfig auf den Boden, in dem sie und ihr Freund „Paul“ schliefen. Jetzt ist sie nicht mehr da und Paul ist verwirrt und ungewohnt anhänglich. Er braucht schnellstmöglich eine neue Partnerin. Am Samstag fahre ich in die Eifel, wo es beim Tierschutz eine junge Kaninchendame gibt. Sie ist ein wenig größer als er und scheint kräftig und temperamentvoll zu sein. Hoffentlich klappt das mit den beiden.
Überraschenderweise gehen sich die beiden die ersten Stunden aus dem Weg. Sie schnüffeln mal interessiert, bleiben aber weitgehend auf Abstand. Erst am Nachmittag jagen und kugeln sie sich auch mal fellausreißend durch das Gehege, aber immer nur wenige Sekunden lang und dabei heftig, aber nicht wirklich gefährlich. Sie müssen eben ihre Position klären. Trotz der Prügeleien sieht es im Beziehungsstatus recht gut aus. Ich glaube, sie werden bald dicke Freunde sein und kuschelnd eng nebeneinander liegen.