Grillplatz Teil 4
Frosttage und Aufgang mit Gefälle
WOCHE 31 – Januar 2006
Nach einem letzten Umgraben am noch ungefrorenen und matschigen Sonntagabend, friert es. Nichts lässt sich mehr bewegen. Sogar der Kiesberg auf dem Bürgersteig ist zu einem Klumpen zusammen gefroren, und es ist nur mit viel Energie möglich, Einzelbrocken abzuschlagen und in Eimer zu schaufeln. Wenn ich zum Füllen eines Eimers viel länger brauche als zum Hochtragen, ist es wirklich uneffektiv und blödsinnig.
Der Weg zum Grillplatz wird nun doch EINE Stufe bekommen, deren Vorbereitung ich gerade noch schaffe. Es bietet sich einfach an, ist angenehmer für den Höhenausgleich, setzt den Grillbereich deutlicher vom Wegbereich ab, und da ich spontan und planlos auf mein Gefühl höre, habe ich mich spontan und planlos dafür entschieden. Kurz vor Ende des unvergleichlich schrägen Weges wird es also einen relativ waagerechten Absatz geben, der beruhigend für Auge und Gleichgewichtssinn ist und eine Pause im Weg darstellt. Leider ist für eine Ruhebank zu wenig Platz, sonst würde ich glatt eine dorthin stellen. Die verlegten Klinkersteine auf dem Grillplatz frosten durch und ich beobachte gespannt, ob sie Risse bekommen oder sogar in kleine Stückchen zerfallen. Wäre etwas ärgerlich, aber bevor die Ränder einbetoniert sind, könnte ich sie relativ einfach entfernen und neu pflastern. Neu pflastern. Wie einfach ich das schreibe und wie viele Wochen Arbeit das bedeuten würde!
Als dann auch noch Schnee fällt, überlege ich, ob ich an das Arbeitsamt schreiben und Ausgleichszahlungen beantragen soll, weil ich nicht weiterarbeiten kann. Ich WILL ja und KANN nicht. “Das Wintergeld ist gedacht für Beschäftigte im Baugewerbe, die an einem wetterabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt sind.” Trifft doch zu. Ich habe aber Angst, dass sie dort andere Arbeit für mich finden, wie “Küchenschrank gründlich aufräumen” oder “Sommerkleidung durchsehen und sortieren” oder “endlich mal den Reißverschluss in die Jeans nähen!” Da verzichte ich dann doch lieber auf die Zahlungen und warte auf besseres Wetter.
Die Erzählkatze (die im Sommer laut maunzend durch die Gärten wandert) macht ihre Tour weiterhin jede Nacht durch meinen Garten und benutzt dabei brav den gepflasterten Weg zum Grillplatz hoch. (Ich verrate jetzt nicht, woher ich das weiß.) Mit ihrem geschulten Katzeninstikt würde sie den schräg gepflasterten Wegabschnitt aber sicher vermeiden, wenn er riskant und unsicher wäre. Außer vielleicht, sie wäre eine extrem risikobereite oder extrem blöde Katze. Mir kommt sie sehr kompetent vor.
WOCHE 32 – Februar 2006
Nix geht. Es frostet und ich starre in die weiß gefrorene Landschaft und würde so gerne am Grillplatz arbeiten. Aber der Boden ist betonhart, die Pflanzen sehen malerisch erstarrt aus und das Wasser in der Tonne ist zum großen Block gefroren. Ich habe Angst, dass ich genauso ende, wenn ich versuche draußen zu arbeiten: Betonhart, malerisch erstarrt und zum Block gefroren. Wenigstens kümmere ich mich vom warmen Wohnzimmer aus um die späteren Sitzgelegenheiten und ersteigere bei Ebay 20 weiße Klappstühle zum Schnäppchenpreis von insgesamt 10,- Euro! Weil ich ja sonst nichts zu tun habe, baue ich die Stühle sofort mal in Reihen vor der Laube auf. Wunderbar! Ich habe die kleinste und höchstgelegene Open-Air-Bühne der Gegend! Da sollte sich doch mal was draus machen lassen… Von mir aus könnte der Winter jetzt aufhören.
WOCHE 33 – Februar 2006
WINTER-BAUSTOPP! Es reicht mir jetzt. Ich beende die Arbeiten am Grillplatz ganz offiziell bis es draußen endlich wieder aufgetaut und einigermaßen frühlingshaft ist. Der Grund ist eine frustrierende, wenn auch spannende Erfahrung: Kaum ist der Boden nicht mehr gefroren, arbeite ich los und verlege weitere fünf Reihen Klinker auf der kleinen Terrasse der schottischen Ecke. Kies festtreten, Split drauf, sauber abziehen, Klinker eng nebeneinander verlegen. Es ist kalt und es regnet, aber ich ziehe das durch. Das Ergebnis sieht recht gut aus, aber als ich darüber laufe, schwankt der Boden und gibt nach, als hätte ich die Klinker auf dicke, nasse Frotteetücher gelegt. Er federt. Das ist zwar ideal, um von Klettergerüsten stürzende Kinder sanft hoch titschen zu lassen, aber nicht so gut, wenn ich mich dort später mal in den Liegestuhl werfen will und wie auf einem Trampolin nach oben schnelle. Vermutlich ist die Erde in den tieferen Bereichen noch gefroren und lässt das Wasser nicht ablaufen, so dass der Boden darüber eine sumpfartige Konsistenz bekommen hat. Wie tief sackt der eigentlich ab, wenn er mal wieder trocken ist? Wird der überhaupt von alleine fest? Wahrscheinlich muss ich dann die Klinker alle wieder entfernen, die Erde feststampfen und das Niveau neu ausgleichen. Na toll. Die Laube steht jetzt im leichten Schneegestöber auf nassem Untergrund und wartet auf besseres Wetter und mein Wiedererscheinen.
WOCHE 35 – Februar 2006
No comment:
WOCHE 36 – März 2006
…und hier ja wohl erst recht kein comment mehr:
WOCHE 40 – April 2006
ES GEHT WEITER! Nach Wochen mit Schnee, Frost und Kälte beginnt endlich der Frühling. Ungewöhnlich spät, und ich befürchte, dass ich daran nicht ganz schuldlos bin. Seit Mitte Januar war ich nämlich nicht richtig gesund und wurde auch immer schlapper, so dass ich mich jetzt vermutlich als Einzige täglich über die frostigen Wettervorhersagen richtig freute, weil sie bedeuteten, dass ich noch nicht wieder an den Grillplatz kann. Bodenfrost in der Nacht und tagsüber neue Schneefälle? Yeah!! Minus 10 Grad? Doppel-Yeah!! Schneesturm?? Wow!!! Am Grillplatz zu arbeiten hätte ich nämlich in den letzten Wochen überhaupt nicht geschafft, weil ich gar nichts mehr konnte. Burn out. Tatsächlich. Und der Grund war nicht der Grillplatz, der mich mit seiner Ruhe immer wieder erdet, sondern die vielen anderen Sachen, die ich seit Jahren fast ununterbrochen in hohem Tempo duchziehe. Da werde ich einiges ändern müssen. Der Schnee der letzten Wochen war gut, weil es mir sehr schwer gefallen wäre, bei gutem Wetter in den blauen Himmel zu blicken und am Grillplatz nichts tun zu können. So hat sich der Winter dann leider fast noch den ganzen März halten müssen, bis ich jetzt wieder fit genug bin, um vorsichtig mit den ersten Arbeiten zu beginnen. Tut mir Leid für die, die sich über einen warmen März gefreut hätten, aber ich hab die Zeit gebraucht, um wieder Energie zu bekommen. Ich versuch dafür aber auch einen langen, warmen Sommer zu machen, OK?
In den langen Wochen meiner erzwungenen Fast-Untätigkeit ist natürlich meine Kondition verloren gegangen, was ich jetzt an der erhöhten Lautstärke meines Keuchens beim Tragen von Kies-Eimern merke. Das war alles schon mal besser, beziehungsweise leiser. Naja, die Nachbarn dürfen ja ruhig hören, dass ich wieder arbeite. Außerdem scheint der Rasenmäher-Mann noch nicht wieder aktiv zu sein und irgendjemand muss ja für Lärm sorgen. Ich mache auch alles in Ruhe und habe meine anderen Termine zum großen Teil gestrichen. Das Werkeln am Grillplatz, alleine und in meinem eigenen Tempo, ohne strengen Zeitdruck tut mir mehr als gut. Was fertig wird, wird fertig, was nicht fertig wird, eben nicht. Zuerst entferne ich die bei Frost umsonst verlegten Klinkerreihen in der schottischen Ecke, befestige alles neu und verlege die Klinker komplett bis an den gewünschten Rand. Drumherum buddel ich Löcher, fülle Rhododendronerde rein und bepflanze alles schottisch. Damit meine ich jetzt nicht ‘schottisch sparsam’, sondern ‘optisch an die Highlands erinnernd’. Am liebsten würde ich mir sofort einen Gartensessel hinstellen und ein Bronte-Buch in dieser Umgebung lesen. “Wuthering Heights” bei kühlem Wind zwischen Heidekraut und schottischen Steinen sitzend zu lesen, wäre bestimmt toll. Naja, hole ich im Sommer ohne kühlen Wind nach und freu mich jetzt schon drauf.
Obwohl die schottische Ecke noch nicht komplett fertig ist, sieht sie aus wie aus dem Gartenkatalog, finde ich. Schöner wohnen in den Highlands. Schade, dass ich keine Zeit habe, stundenlang auf diese Ecke zu starren. Außerdem muss ich aufpassen, den Blick nicht auf die Stelle dahinter abgleiten zu lassen, die mit Kies, verstreuten Klinker- und Basaltsteinen, alten, trockenen Zweigen und einem hohen Berg von halbverrottetem Unkraut eher nach Müllhalde aussieht.
Der unkonventionelle Aufgang zum Grillplatz wartet auch auf die Fertigstellung. Er sieht immer noch wie hingeworfen aus und vermittelt überhaupt kein Gefühl von Sicherheit. Das hat allerdings den großen Vorteil, dass man etwas ängstlich und in Hochspannung darüber läuft und dann ganz erstaunt über die unerwartete Festigkeit ist. Rutschige Schuhe oder hohe Absätze sollte man trotzdem nicht haben. Die noch benötigte Treppenstufe am oberen Ende messe ich aus, buddel Erde weg, fülle Kies und Split auf, begradige, bis alles beim Zusammensetzen perfekt und wackelfrei passt. Dann nehme ich die oberen Platten vorsichtig ab, mische Zement an, fülle den zur Befestigung in dafür vorgesehene Lücken, lege die Platten wieder drauf – und ab da wackelt es. Mist. Zwar nur ganz leicht, mir aber zu viel. Da muss ich also demnächst nochmal ran. Momentan habe ich aber keine Lust. Auch der letzte mit Basaltsteinen gepflasterte Absatz vor der Stufe wird etwas seltsam. Vermutlich fehlt mir noch die richtige Energie beim Zuschlagen mit dem Hammer, denn das Ergebnis sieht so unregelmäßig aus wie bei “Pflastern für Anfänger”. Oder, um ehrlich zu sein: “Pflastern für dilettantische Anfänger”. Als die kleine Fläche fertig ist und ich ein paar Schritte zurücktrete, um sie genauer anzusehen, lache ich laut los, finde es aber so witzig, dass ich es nicht mehr ändere. Es ist eben luftig und leicht gepflastert – meine Spezialität, wie sich nun deutlich zeigt.
Insgesamt merke ich sowieso einen deutlichen Abfall meines Pflasterehrgeizes. Wenn das alles nicht so ganz wasserwaagenglatt wird, ist mir das inzwischen ziemlich egal. Manchmal baue ich sogar bewusst nachlässig kleine Steigungen oder Senken und freue mich auch noch, weil das dann so schön urig und alt wirkt. Wahrscheinlich ist das ein psychischer Schutz, um nicht innerlich über das unperfekte Ergebnis zu verzweifeln, aber ich fühle mich wirklich gut dabei. Und so lange ich vergnügt lache, wenn ich meine Pflasterei sehe und nicht laut losheule, ist doch alles in Ordnung. Der schräge Aufgangsweg soll durch einen Bambuswald gehen, so etwas habe ich mir gewünscht, seit ich durch den viele Meter hohen Bambuswald in Monets Garten gegangen bin. Ich mache es etwas bescheidener, buddel mit großer Anstrengung an anderer Stelle etwas von meinem 2-Meter-Gartenbambus aus und denke schon beim mühsamen Abtrennen der vielen Wurzelausläufer, dass ich mir damit ziemlich sicher den dicken Ärger an den Grillplatz setze. In einigen Jahren werden die Rhizome unter meine gepflasterten Flächen wandern und mich wahnsinnig machen, weil sie die Basaltsteine hochdrücken und überall wachsen, wo sie nicht wachsen sollen. Aber was hilft es, ich höre nicht auf meine Warnungen. Immerhin trage ich an der Pflanzstelle einen mühsam aufgeschütteten Erdhügel ab, um tiefe Rillen zu ziehen, in die ich eng nebeneinander einige übrig gebliebene Steinplatten versenke. Vielleicht helfen die das ungehemmte Bambuswachstum in Grenzen zu halten.
Der Bambus wird locker verteilt und eingesetzt, der Weg noch von einer Reihe kleiner Basaltsteine eingefasst und an den Rand kommen viele dicke Steine, die mir beim Buddeln im Laufe der Wochen vor die Schaufel gekommen sind. Sieht in dieser Kombination fast fernöstlich aus und ich könnte locker behaupten, dass der Weg streng nach Feng-Shui-Neigung gebaut sei. Sieht ja auch überzeugend nach dem “Weg des Windes und des Wassers” aus, so krumm wie alles ist.
Mein Sohn bleibt extrem windschief auf dem Weg stehen und meint besorgt: “Hier kommt im Winter aber keiner hoch.” Nun ja, wer will im Winter auch schon grillen?
Mein steiler Aufgangsweg von oben ohne Sonne:
Von unten mit Sonne:
Insgesamt war das eine gute Woche. Ich fühle mich wieder ziemlich fit, streiche viele der Sachen, die ich immer sehr gerne gemacht habe, genieße das Arbeiten draußen, lache, wenn ich am Abend die vielen Vögel wild durcheinander singen höre und bin froh, dass der Frühling meinen Grillplatz erreicht hat.
Teil 5 – Woche 41-50 – Der Grill, viele Pflanzen und Restarbeiten