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Blog 794 – 16.07.2023 – Gefahr im Lavendel, Wetteroptimismus und Erbsen-Kebab

Am Montagmittag fahre ich den Sohn zurück nach Frankfurt, und er nimmt ein Keyboard mit. Ins Auto passt es problemlos, in seinem kleinen 22-Quadratmeter-Apartment nimmt es recht viel Platz ein. Er stellt es vor den Fernseher. Gut ist, dass der breite Bildschirm zwar zur Grundausstattung des Zimmers gehört, der Sohn aber nie Fernsehen guckt. Aber das Bügelbrett braucht jetzt einen neuen Platz. Da er beruflich angekommen ist und in Frankfurt bleiben wird, wäre es Zeit für eine eigene Wohnung. In dem Stadtteil ist das gar nicht so einfach. Vor allem nicht billig.

Wieder Zuhause habe ich so überhaupt keine Lust, aber ich beginne mit der Arbeit an der reihedrei-Homepage. Schon mit gurkentee bin ich zu WordPress umgezogen, jetzt sind auch die Konzertberichte und Wise Guys Seiten dran. Weil ich die Homepage vor wenigen Jahren schon einmal komplett neu bauen musste, sind die Fotos der einzelnen Berichte seitdem übersichtlich abgespeichert und so geht alles etwas schneller als befürchtet. Trotzdem sind es viele einzelne Arbeitsschritte, die Zeit brauchen. Besonders, wenn im Bericht sehr viele Fotos sind, die einzeln eingefügt und formatiert werden müssen.

Vor einigen Wochen habe ich erst jubelnd verkündet, dass endlich der letzte Wise Guys Konzertbericht fertig überarbeitet ist, und jetzt muss der schon wieder neu formatiert werden. Meine kurze Überlegung, ob ich nicht einfach alles löschen soll und gut is‘, verwerfe ich sofort. Es hat keinen direkten Nutzen, dass alte Konzertberichte nachzulesen sind, aber es kann emotional wertvoll sein und bewahrt etwas. Eine Stimmung, eine Zeit, ein Programm, eine Künstlerin, einen Künstler. Außerdem habe ich ja sonst nichts zu tun und bin froh, für die nächsten Wochen immer wieder eine Beschäftigung zu haben. Ha ha.

Im Garten summt und brummt es. Nicht nur Insekten sind da, ich sehe auch eine Blindschleiche und eine Eidechse, die allerdings beide nicht summen und brummen, sondern sich angesichts meiner Erscheinung schnell davonmachen. Natur. Friede, Freude, Eierkuchen. Bis auf die Krabbenspinne, die im Lavendel sitzt und arglose Insekten, die fröhlich um sie herumflattern, packt und ermordet. Sogar während sie einen toten Falter aussaugt, landen unmittelbar neben ihr Hummeln und andere Falter, rüsseln kurz in die Blüten und sind sich der Gefahr nicht bewusst.

Als die Spinne fertig gefressen hat, transportiere ich sie in eine andere Gartenecke, weil mir die vielen Insekten am Lavendel zu leidtun. Dabei ist auch eine Krabbenspinne intakte Natur und hat Hunger. Außerdem bedroht sie jetzt woanders das lockere Flatterleben.

Der Garten trocknet mir weg. Seit einigen Wochen hat es hier nicht mehr richtig geregnet, ich gieße täglich. Für den Samstag laden wir Bochumer und Koblenzer Familie zum Grillen ein. Der Wetterbericht sagt seit Beginn der Woche: „Immer trocken, trocken, trocken, am Samstag Regen, danach wieder trocken.“ Die Regenvorhersage für den Samstag schwankt bis zum Morgen zwischen „sehr stark“, „wenig“, „lang“, „kurz“, „gar nicht“, „Unwetter“, „vielleicht“ – was die Planung, ob wir nun im Garten am Grill sitzen oder in der Küche Lasagne essen, nicht einfach macht. Ich bleibe bei der Grillplanung. Es ist hier seit Wochen trocken, da wird es doch nicht ausgerechnet am Samstag zwischen 12 und 17 Uhr regnen!

Zum Glück haben wir am Grillplatz auch das überdachte Grillhaus. Das ist gerade an einer Seite etwas vollgestellt und das Dach nicht mehr an allen Stellen perfekt dicht, aber für den Notfall geht es. Am Samstagmorgen beginnt es zu regnen. Im dauerhaft tröpfelnden Regen trage ich am Vormittag Teller, Besteck, Gläser und Servietten nach oben unters Dach, und lege Sitzauflagen und Grillkohle griffbereit. Wird schon aufhören zu regnen. Ich stelle einen aufgeklappten Sonnenschirm an den Grill, damit ich beim Anfeuern der Kohle nicht so nass werde. Um kurz vor 12 Uhr heizt die Kohle schon gut durch und es tropft immer noch dauerhaft. Aber am Himmel wird es heller. Glaube ich.

Wenige Minuten später kommt der erste Gast und es hört auf zu regnen. Etwas später kommen im Schwung alle weiteren Gäste, wir gehen hoch zum Grillplatz, wischen die letzten Wasserpfützen vom Tisch, holen weitere Stühle und grillen. Weil vorwiegend Vegetarier und Vegetarisch-Gerne-Esser am Tisch sitzen, gibt es – bis auf fünf Spieße, an denen es auch jeweils drei Hähnchenbruststücke gibt -, fast nur Vegetarisches. Gemüsepfanne, Gemüsespieße, gegrillte Kartoffeln, Dips, Brot, Knoblauch-, Kräuter- und Chilibutter. Ich habe zum ersten Mal türkisch gewürzte Kebab-Röllchen mit Beyond Meat aus Erbsenprotein gemacht, und sie sind frisch gegrillt total lecker. Mjammi. Dass am Ende noch zwei Hähnchenspieße übrig sind, zeigt, dass wir sie gar nicht gebraucht hätten.

Es ist gemütlich und lustig. Als es irgendwann nach dem Essen wieder zu tröpfeln beginnt, ziehen wir ins Grillhaus um, wo es ebenfalls total gemütlich ist. Etwas später kommt die Sonne wieder raus und wir ziehen unkompliziert wieder zum Tisch auf der Terrasse zurück, wo wir Kaffee trinken. Ab da bleibt es trocken, die Sonne scheint, hin und wieder fegt ein warmer Windstoß über den Grillplatz und lässt das Sonnensegel hochwehen. Urlaubsstimmung. Und wettertechnisch perfektes Timing. Einfach mal optimistisch bleiben. Kann klappen.