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Blog 800 – 27.08.2023 – Spaghettikürbis, Dreharbeiten in Warschau und Karaoke

Meine Spaghettikürbispflanze ist groß und breit geworden und hat etwa 40 minikleine Kürbisfrüchte produziert, die alle braun wurden und abfielen, ehe sie größer wurden. Ein einziger Kürbis ist vorbildlich gewachsen. Ist er innen braun und verfallen wie die Kollegen? Und ist das jetzt tatsächlich ein Spaghettikürbis? – Ja, es ist einer, noch dazu wunderbar frisch und reif.

Nach dem Backen im Ofen kratze ich ihn mit einem Löffel auf, dann kommen Butter, Knoblauch, Salz und Parmesan dazu – mjammi! Ach, ich liebe Spaghettikürbis! Ob ich allerdings nochmal eine kleine Kürbispflanze für 6 Euro kaufe, in meinen Garten pflanze und wochenlang täglich gieße, um einen einzigen Kürbis zu bekommen, den ich für weniger als 6 Euro im Laden kaufen kann – ich glaube nicht.

Am Dienstagmorgen geht es zur Arbeit als Puppenspielerin. Meine Aufgabe ist das Spielen einer Puppenhand und überhaupt die Assistenz beim Hauptpuppenspieler. Der Arbeitsort für vier Tage ist ein Studio in Warschau und darum fliege ich zum Arbeitsplatz.

Am Warschauer Flughafen werde ich mit einem Schild erwartet und ein Wagen mit Fahrer steht bereit, um mich zum Hotel zu fahren. Das ist altehrwürdig, hat eine lange Liste von Prominenten, die seit 1901 dort nächtigten. Bis zum Vortag war der Präsident von Portugal untergebracht, der – so vermute ich – wegen der anreisenden Puppenspieler sein Zimmer räumen musste.

Weil ich früh da bin, habe ich noch Zeit, durch die Warschauer Altstadt zu spazieren. Ich war noch nie in Warschau und bin überrascht, wie schön es dort ist und wie viele Leute auf den Straßen unterwegs sind. In meinem Kopf ist noch ein Rest „Ostblock“, in der Realität ist es eine moderne Stadt.

Gleich am Abend haben wir einen Ortstermin im Studio, bei dem besprochen wird, wie groß die Löcher idealerweise in Dekorationen gebohrt werden müssen, damit die Puppe gut gespielt werden kann. Für Nicht-Puppenspieler ist die Größe der Löcher oft überraschend, ebenso wie die dranhängenden Spieler, die ebenfalls versteckt werden müssen. Auch dass die Armlänge nicht geändert werden kann, ist plötzlich ein präsentes Thema. Da aber alle offen sind und nach Lösungen suchen, lassen sich Probleme gut beheben.

Am nächsten Morgen gehen die Dreharbeiten los. Es geht um Werbung, und hunderte Male schallt die Werbemusik laut durch den Raum, während die Szenen gefilmt werden. Ein Sprachgemisch aus Deutsch, Polnisch und Englisch umgibt uns. Oft wird etwas deutsch besprochen, dann sofort ins Englische übersetzt, damit das polnische Team weiß, worum es geht, und dann ins Polnische, damit es wirklich alle verstehen. „Dschin Dobre“ (Dzień Dobry/Guten Tag), „Dschi Kuje“ (Dziękuje/Danke), „Taak“ (Tag/Ja) und „Nji-e“ (Nie/Nein) haben wir schnell drauf und nutzen besonders das „Guten Tag“ und „Danke“ häufig. Über das vom polnischen Regieassisenten vor Drehbeginn laut gerufene „Shisha!!“ grinsen wir immer wieder, auch wenn der „Cichy!“ (Ruhe!) meint.

Die Arbeitsatmosphäre ist schön und es gibt überall eine freundliche, offene Stimmung und ein gegenseitiges Entgegenkommen. Selbst bei Stress ist jeder ansprechbar und das Team wächst schnell harmonisch zusammen. Das macht wirklich Freude und ist in meinen Augen eine wichtige Voraussetzung, um kreativ und mit engagiertem Einsatz ein schönes Ergebnis zu erreichen.

An einem Abend gehe ich nach dem langen Drehtag noch eine Runde durch die Innenstadt. In Polen sind noch Ferien, es ist auch spät noch sommerlich warm und unglaublich viele Leute sind unterwegs. Mein Ziel ist die Gegend um den Kulturpalast, ein „Geschenk“ aus der Stalinzeit und als Symbol der totalitären Unterdrückung bei den Warschauern gar nicht so beliebt. Neben ihm stehen neue Wolkenkratzer – alt und neu liegen in Warschau dicht beieinander.

Bis zum Samstag gibt es arbeitsreiche Studiotage mit Puppe und anderen Schauspielern. Manchmal passt nur der Hauptpuppenspieler in die Dekoration, dann kann ich sehen, wie fasziniert und lächelnd viele aus dem Team der Puppe zusehen. Wie schön! Wie geplant ist alles pünktlich fertig gedreht. Das Ergebnis wird in einigen Wochen veröffentlicht und kann dann vermutlich nur schwer übersehen werden.

Am Abend gehen wir als Gruppe zusammen essen. In der Altstadt sind an den Wochenenden die Straßen für Autos gesperrt und sie wird zu einem großen Boulevard, auf dem anscheinend halb Polen flaniert. Großartig. Was für eine schöne Stimmung!

Wir essen sehr gut in einem Restaurant, in dem nur die Portionsgrößen nicht stimmen, denn in vielen Fällen sind die Vorspeisen und Desserts mengenmäßig sehr gewaltig und deutlich größer als die Hauptspeisen, aber es schmeckt alles außerordentlich gut. Im Anschluss kommt die Idee auf, in eine Karaokebar zu gehen. Was? Ähm, auf Karaokebar habe ich jetzt nicht so viel Lust, aber weil es ein so schöner Abend ist und wir in der Gruppe so viel Spaß haben, mache ich mit. Zu meiner Verwunderung ist die Bar nicht ein großer Raum mit vielen Leuten, sondern ein kleines, schallgeschütztes Separee, in dem wir eng gequetscht als private Gruppe sitzen. Es gibt drei Mikrofone und die Absprache: „Niemand muss alleine singen“, was auch genau so passiert, denn meistens grölen alle gleichzeitig mit und die Mikrofone wandern herum. Musikalisch ist es mehr als fragwürdig, aber wir haben extrem viel Spaß. Mitten in einem Lied stürmt plötzlich eine Jungesellinnenabschiedsbraut mit einigen Begleiterinnen ins Zimmer, greift sich ein Mikro und singt tanzend mit. Die Stimmung ist riesig.

Um halb eins am Morgen verlassen wir zu dritt die Karaokebar und fahren ins Hotel zurück. Für die beiden anderen steht eine frühe Abfahrt an und ich habe morgen noch einen halben Tag Warschau-Sightseeing vor mir und möchte fit sein. Die anderen der Gruppe singen noch weiter. Der Abend war ein großartiger Abschluss der schönen Dreharbeiten, bei denen gefühlt nur tolle und nette Leute im Team waren.