Blog 882 – 23.03.2025 – Tipi, Efeublätter, geschlossene Türen und Bodo Wartke
Das Wetter ist weiterhin frühlingshaft und ich habe eine spontane Idee, was ich aus den restlichen Haselnussästen bauen kann: Ein Rankgerüst für Stangenbohnen. Dass ich im Sommer Bohnen ernten kann, ist dabei nur der Nebeneffekt. In erster Linie möchte ich einen grünen Sichtschutz zur Nachbarterrasse haben. Tatsächlich möchte ICH nicht immer wieder beim Durchqueren meines Gartens auf die tieferliegende Nebenterrasse blicken. Das passiert mir aber reflexmäßig, wenn sich dort etwas bewegt, etwas sehr Buntes herumsteht oder Geräusche zu hören sind. Als das Rankgerüst fertig ist, habe ich noch drei krumme Stangen und ein Stück Lücke übrig und baue ein weiteres Gerüst. Auch ohne Bohnen wirken sie schon als Sichtschutz, denn mein Blick fällt jetzt eher auf die seltsamen Stangen als durch die Lücke dahinter. Sie sehen aus wie seltsame, verlassene Tipis, was sie geheimnisvoll macht. Das kann Fragen aufwerfen. Wer hat denn da Tipis im Garten gebaut und sie dann verlassen? Häh? Zum Glück stelle ich mir die Frage nicht, denn ich kenne die Hintergründe.

Im letzten Dezember hatte ich die Entscheidung getroffen, die große Efeuumrankung von meinem Wäschedach zu entfernen. Schweren Herzens, denn ich mochte den großen Efeu, der im Herbst von vielen Insekten umschwirrt wurde. Aber die Arbeit, die ich hatte, dass ich ihn mehrfach im Jahr mühsam zurückschneiden musste, um ihn einigermaßen zu bändigen, und dass immer wieder viele trockene Blätter auf den Gartenwegen und auch Abflüssen lagen, wurde mir zu viel. Im vergangenen Winter hatte ich die Efeustämme knapp über den Wurzeln gekappt und oben alles vom Efeubaum weggesägt, was gut zu erreichen war. Bei den restlichen Ästen, bei denen die Gefahr bestand, dass sie auf das Dach des Anbaus fallen, wollte ich warten, bis die Blätter abgefallen waren und dann überlegen, wie ich die Äste entferne.

Den ganzen Winter über blieb der Efeu grün, fängt jetzt aber an zu vertrocknen und die Blätter zu verlieren. Viele Blätter. Schon wieder liegen auf den Wegen trockene Efeublätter und in den Ecken sammeln sich vom Wind zusammengepustete Hügelchen. Es ist wie Herbst im Frühling. Kurzentschlossen hole ich den Gatten, der an einem Seil ziehend die Fallrichtung bestimmt, greife zur Kettensäge und säge die letzten hohen Äste ab. Als Baum sahen die Efeuäste nur mittelgroß aus, auf dem Boden liegend sind sie ein hoher Hügel. Es gibt an den Ästen, aber auch am Zaun noch tausende von Blättern, die alle noch abfallen werden. Ich greife zur Astschere und trenne stundenlang Ästchen mit Blättern von den größeren Ästen.
Währenddessen die Katze:

Am Ende sind die Blätter in acht große Säcke gestopft und warten auf die nächsten Biotonnentermine, und die blätterlosen Äste sind auf dem Totholzhügel im Garten gelandet, der dadurch einen Meter höher wurde. Es ist optisch und aus Insektensicht sehr schade, dass der Efeubaum weg ist, ich bin aber auch sehr erleichtert. Erstaunlicherweise sehen auch die übriggebliebenen Efeuranken interessant aus. Im Design passen sie zu meinen Tipis.

Bodo Wartke hat einen Konzerttermin in einem größeren Nachbarort. Ich stehe auf der Gästeliste. Hoffe ich. Mit Gästelisten ist es immer so eine Sache. Meistens klappt es, hin und wieder nicht. Ich habe zunächst einen vollen Tag bei meinem Vater, an dem ich viel erledige und viel herumfahre. Am späten Nachmittag fahre ich nach Hause, trinke einen Kaffee und fahre dann sofort weiter zum Konzertort, wo ich eine Stunde vor Konzertbeginn ankomme. Beim Betreten des Foyers wende ich mich an die dort mit einer Liste wartende Dame: „Guten Abend, ich müsste auf der Gästeliste stehen.“ Nein. Tue ich nicht. Normalerweise lässt sich das schnell regeln, indem jemand hinter der Bühne nachfragt. Das geschieht auch. Der nette Tourmanager Florian kommt zurück und bestätigt, dass ich auf der Gästeliste stehen sollte und dass sich Bodo freut, dass ich da bin. Das Problem ist: Das Konzert ist komplett ausverkauft und es gibt keinen freien Sitzplatz mehr.
Ich nehme es lässig. Irgendwo gab es eine Kommunikationspanne auf dem Weg von der Einladung bis zur Gästeliste. Kann passieren. Und wenn der Saal voll ist, ist er voll. Mein Anfahrtsweg war nur zwanzig Minuten, also keine große Sache. Die Dame bittet mich, trotzdem zu warten und hofft auf Gästeliste-Gäste, die dann doch nicht kommen oder auf einen Besucher, der spontan eine Karte übrig hat. Wir warten. Zwanzig Minuten vor Konzertbeginn werden die Saaltüren geöffnet und die ersten Besucher begeben sich zu ihren Plätzen. Mmh, könnte knapp werden. Zehn Minuten vor Beginn sind alle anderen Gästelisten-Besucher abgehakt, und immer noch wedelt kein Besucher mit einer übriggebliebenen Karte.
Eine Minute vor 20 Uhr stellen die letzten Besucher ihre leeren Gläser und Flaschen ab und gehen zur offenen Saaltür. Ich sehe, wie sie sich als kleiner Pulk langsam durch den Türrahmen bewegen und hinter ihnen bleibt das große Foyer leer zurück. Nur ich stehe noch da. Und die Tische mit leeren Flaschen und Gläsern. Das ist schon ein sehr seltsames Gefühl, stelle ich überrascht fest. In wenigen Sekunden werden alle anderen Leute im Saal sein, die Tür wird sich vor mir schließen und ich bin die Einzige, die nicht reindarf. Das ist mir noch nie passiert. Ich finde es skurril – und auch ein bisschen witzig.

In diesem Moment erscheint die Gästelisten-Dame an der offenen Saaltür und ruft freudig: „Kommen Sie?“ Sie hat einen freien Platz gefunden. Ich eile in den Saal, sie zeigt auf einen freien Sitz im hinteren Teil des Saales, ich bedanke mich herzlich und setze mich hin. Puh, es hat tatsächlich noch geklappt! In der letzten Minute. Wie großartig! Dann blicke ich zur Bühne und sehe – eine hohe Rückenlehne und einen Hinterkopf. Vor mir ist die Rollstuhlreihe und zwei der Rollstühle können auf Höhe gefahren werden, womit sie deutlich höher als ich sind. Ich sehe rechts und links ein bisschen Bühne, aber der Flügel, an dem gleich Bodo sitzen wird, ist komplett verdeckt. Die Dame neben mir guckt bedauernd, kann aber von ihrem Platz genau zwischen zwei hohen Rollstühlen hindurchgucken. Also, Leute! Dass es Rollstuhlplätze geben muss, ist selbstverständlich. Aber gleich dahinter darf doch keine tieferliegende Sitzplatzreihe sein!
Und jetzt? Jeden Moment wird das Konzert losgehen. Ich gucke mich um und sehe im Halbdunkel der Reihe hinter mir zwei freie Plätze. Blitzschnell wechsle ich um. Es besteht zwar die Gefahr, dass die Karteninhaber etwas verspätet kommen, aber dann kann ich ja sofort wieder auf meinen Platz ohne Sicht zurückgehen. Das alles ist blitzschnell geschehen und schon geht das Licht aus und das Konzert beginnt. Jetzt für mich sogar mit Sicht, nicht nur zum Hören.

Hach, es macht viel Spaß, endlich mal wieder bei einem Bodo-Wartke-Konzert zu sein. Zur Pause gehe ich ins Foyer, als ich wieder in den Saal zurückkehre, entdecke ich einen freien Randplatz in der dritten Reihe und sehe mir die zweite Hälfte, in der auch die Rhabarber-Barbara vorkommt, von dort an.

Am Ende gibt es für Bodo Wartke Standing Ovation, die Zuschauer jubeln und ich freue mich sehr, dass es doch noch geklappt hat mit einem Platz für mich. Danke an Florian und an die nette Gästelisten-Dame! Normalerweise kommt Bodo nach dem Konzert noch ins Foyer, unterschreibt CDs und unterhält sich. Das sagt er diesmal mit Verweis auf eine leichte Erkältung und die noch anstehenden Tourtermine ab. Ich lächle verstehend. Auch wenn seiner Stimme die Erkältung ganz leicht anzuhören ist, will er doch in Wahrheit nur nicht rauskommen, um nicht auf mich zu treffen und erklären zu müssen, wie es passieren konnte, dass ich nicht auf der Liste stand. Ist doch völlig klar. Dabei hatte ich am Ende ja sogar drei Plätze: Einen ohne Sicht, einen hinten und einen am Rand vorne. Also alles prima.
Zuhause nehme ich mir extra Zeit, um an meiner Katze weiterzunähen. Ehe ich Kopf und Körper verbinde – ich habe noch keine Ahnung, wie – möchte ich die Beine fertig haben, insgesamt vier Stück. Nach meiner üblichen Baumethode ginge das ratzfatz, aber ich möchte sie ja passend zum mit Vlies gepolsterten Kopf haben. Auf die Idee, sie dann ebenfalls mit Vlies zu polstern, komme ich schnell. Sie müssen aber sehr beweglich bleiben, was es komplizierter macht. Ich werkel mit Schaumstoff, Pattex, Vlies und Nähnadel und komme meinem Ziel langsam näher. Nach einer Zeitspanne, in der ich sonst locker zwei Katzenarme mit Pfoten komplett gebaut und mit Stoff überzogen hätte, bekomme ich gerade mal ein noch mageres Innenmodell des linken Vorderbeines fertig. Das funktioniert in der Beweglichkeit zwar sehr gut, ich weiß aber nicht, ob es das auch macht, wenn ich es noch dicker gemacht und mit Stoff überzogen haben. Ausprobieren.

Im Garten gibt es Motive, die etwas zu viel schöner Frühling zeigen und schon kitschig sind. Und das völlig ohne Bildbearbeitung oder KI – komplett real.
