Blog 766 – 01.01.2023 – Postverluste, Onlinespiele und Spatzenleben
In dieser Woche ist die Zeit „zwischen den Jahren – wie manche das nennen. Sie meinen damit die Tage nach Weihnachten bis Silvester. Bei unkorrekten Bezeichnungen bin ich empfindlich, und da ich mich nicht zwischen zwei Jahren befinde, sondern am Ende eines Jahres, gehört dieser Ausdruck nicht zu meinem persönlichen Wortschatz. Ich muss allerdings zugeben, dass es das Gefühl dieser Zeit ganz gut trifft. Das alte Jahr wabbert aus, das neue beginnt bald, und dazwischen ist eine Art Niemandszeit. Vor allem, wenn – wie in diesem Jahr bei uns – keine Termine anstehen. Ich vergesse, welcher Wochentag ist und lebe vor mich hin. Das ist auch gut, denn das letzte Jahr war doch recht anstrengend, sowohl körperlich als auch emotional.
Mein Vater meldet sich täglich von seinem Urlaubsort, wo es ein ausgiebiges Beschäftigungs- und Unterhaltungsprogramm gibt, das er prima findet. Dass die Reisegruppe nur aus alten Leuten besteht, findet er etwas bedauerlich, auch wenn er viel Spaß hat. „Alle über achtzig“, sagt er. „Nur die Betreuerin ist jünger, aber die ist auch schon über siebzig.“ Tja, so geht es, wenn man 86 Jahre alt ist und eine Seniorenreise macht. Aber ich verstehe, dass er gerne auch jüngere Teilnehmer um sich herum hätte.
Vorher habe ich keine Zeit gefunden, aber jetzt ist die Neujahrskarte dran. Hach, wie schön, endlich mal wieder am Küchentisch zu sitzen und zu zeichnen. Am neuen Küchentisch in der fast fertigen Küche. Fast fertig, weil die Gardinen immer noch nicht passend umgenäht sind und noch kein Bild hängt. Bilder habe ich mehr als genug, aber ich möchte sorgfältig auswählen, was dort hängt. Als die Zeichnung für die Karte fertig ist, schicke ich sie gleich zum Drucken und bestelle mir auch die passenden Briefmarken.
Der Sohn wohnt noch hier und es ist ein seltsames Gefühl, dass er in zwei Wochen ausziehen wird. Das hat er nach dem Abitur schon mal gemacht und war dann mehr als zehn Jahre lang weg. So wie es sein muss. Dass danach aus dem „übergangsweise“ wieder bei uns einziehen zwei Jahre werden, hat keiner von uns erwartet. Fertiges Studium, gelungener Masterabschluss – und dann Behörden und Firmen, die über fehlenden Nachwuchs klagen, für die Besetzung ihrer freien Stellen aber mehrjährige Berufserfahrung verlangen.
Auch wenn die Dauer der Stelle vorerst begrenzt ist, gehe ich davon aus, dass er ab jetzt nur noch besuchsweise zu uns zurückkommen wird. Ich hätte ihm gewünscht, dass er gleich nach dem Studium eine Stelle bekommt, aber trotzdem war es in den vergangenen zwei Jahren sehr entspannt und schön zusammen. Es war ein bisschen wie früher und wir haben das alle auch sehr genossen. So lange er noch da ist, starten wir schnell nochmal abendliche Dominion-Runden, die bald selten sein werden.
Weil der andere Sohn wegen einer „Vielleicht habe ich mich angesteckt“-Corona-Situation sicherheitshalber Abstand hält und an den Weihnachtstagen nicht kommt, entdecken wir das Online-Spielen für uns. „Ticket to ride“ spielen wir gerne zu viert als Brettspiel, diesmal treffen wir uns online vor vier verschiedenen Computern. Über Handy unterhalten wir uns dazu und machen blöde Bemerkungen. Das klappt sehr gut. Da werden wir uns in Zukunft ab und zu verabreden und miteinander aus Erftstadt, Düsseldorf und Frankfurt spielen. Sehr cool.
Beim Einkaufen im Supermarkt treffe ich auf Menschen, die sich mit Silvesterböllern eindecken. Es ist früh am Tag, aber das Sortiment ist schon deutlich ausgedünnt. Neben den Wühltischen stehend wird viel telefoniert und dabei durchgegeben, wie viel Schuss für wie viel Euro noch zu haben sind. Ist Böllern nicht inzwischen völlig aus der Zeit gefallen? Früher war das vielleicht mal cool, Krach zu machen und Geld und Feinstaub in die Luft zu schießen, aber inzwischen finde ich das nur noch voll daneben und wie aus dem letzten Jahrhundert. Total uncool eben. Dass erwachsene Leute sich in ihrer Freiheit beschränkt fühlen, wenn sie nicht Raketen in die Luft krachen lassen dürfen, lässt mich nur den Kopf schütteln.
Bis zum 31.12. sind insgesamt drei Weihnachtskarten und ein Kalender bei uns eingetroffen. Das ist auffallend wenig. Dass zufällig alle anderen Leute, die sonst immer eine Karte oder einen Brief schicken, diesmal zufällig nichts schickten, scheint mir etwas viel Zufall auf einmal. Liegen die Karten und Briefe noch irgendwo oder schreibt plötzlich tatsächlich kaum noch jemand? Vielleicht gibt es bei der Post die Idee, dem Personalmangel und hohen Krankenstand mit zurückgelegter Weihnachtspost zu begegnen, die erst zum nächsten Weihnachten ausgetragen wird. Mir stellt sich die Frage, warum ich mir so viel Arbeit mit meinen Neujahrskarten mache, wenn davon vielleicht nur wenige ihr Ziel erreichen.
Fipsi hat einen Freund! Ein männlicher Spatz sitzt oft in ihrer Nähe und wartet geduldig, wenn sie gefüttert wird. Danach landet sie nah bei ihm und die beiden sitzen im Busch oder fliegen gemeinsam weg.
Dass sie nach einem halben Jahr weiterhin so ein Vertrauen hat und auf die Hand geflogen kommt, ist schon sehr schön.
Wie gut Spatzen farblich an ihre Umgebung angepasst sind, ist immer wieder verblüffend. Auf den ersten Blick sehe ich einen kahlen Strauch:
Beim näheren Hinsehen auch Fipsi:
Ein gutes Jahr 2023! Mit weniger Herumeiern der deutschen Politik bei der Unterstützung der Ukraine, denn dort wird nicht nur für den Erhalt des Landes und der eigenen Kultur gekämpft, sondern auch für Demokratie und westliche Werte. Je schneller die Russen aus dem Land getrieben werden, umso näher rückt ein Ende des Krieges. Dass Polen, Balten und Finnen die Ukraine so sehr unterstützen, ist kein Zufall. Sie stehen als nächste auf Putins Liste und wissen, um was es geht. Es ist ein Kampf um Unabhängigkeit und Freiheit gegen einen aggressiven und faschistischen Diktator mit Großmachtsphantasien, der in seinem Wahn nicht nur bewusst Zivilisten bombardieren lässt, sondern auch sein eigenes Land brutal vor die Wand fährt. 2023 wird das Jahr der Ukraine, davon bin ich überzeugt. Sie werden die Russen ganz oder zumindest weitgehend aus dem Land bekommen. Putin hat sich komplett verrechnet und wird als Verlierer enden. Go, Ukraine!