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Blog 815 – 10.12.2023 – Schneematsch, Mauritius, Münchhausen und Rainald

Der Sohn zieht vom Apartment in eine Wohnung um. Am Sonntagvormittag wuchte ich mit ihm die eingelagerten Möbelteile aus unserem Dachanbau, um die Regalteile heraussuchen. Zusammen mit Stühlen und Stehlampen reicht das für eine erste Umzugsladung. Weil er einen Einbauschrank im neuen Schlafzimmer hat, wird er seinen eigenen Schrank wohl gar nicht brauchen können. Es ist alles ins Auto geräumt, als es am Nachmittag zu schneien beginnt.

Am nächsten Morgen liegt der Schnee immer noch und es ist glatt. Zum Glück nur in den Nebenstraßen, ab der Hauptstraße ist alles frei. Wir fahren nach Frankfurt, wo bis jetzt noch kein Schnee liegt, ab dem Nachmittag aber starker Schneefall und Eisregen erwartet werden. Normalerweise würde ich planen, am Nachmittag in Frankfurt gemütlich Regale zu schrauben und irgendwann abends zurückzufahren. Bei Schnee vielleicht sogar erst am nächsten Tag, wenn die Autobahn wieder frei ist. Für den Abend ist aber um 19 Uhr eine Nil-Probe angesetzt, die ich nicht absagen möchte. Ich weiß ja, wie ärgerlich es ist, wenn immer jemand bei den Proben fehlt. Wegen des angesagten Wetters werde ich die Rückfahrt sogar deutlich früher als normal beginnen müssen, weil zusätzliche Staus zu erwarten sind. Ich sage zum Gatten: „Das wär‘ ja was, wenn ich extra früh zurückfahre und dann fällt die Probe aus!“

In Frankfurt laden wir die Möbelteile aus und tragen sie schnaufend die fast drei Etagen hoch. Puh, das geht in die Beine. Schwer atmend schleppe ich den letzten Stapel Regalbretter hoch und freue mich, dass wir gerade keinen Komplettumzug machen. Immer nur ein Auto voll, das lässt sich doch machen. Draußen beginnt es in kleinen Flöckchen zu schneien.

Wir schrauben die Stühle zusammen und setzen uns an den Tisch, der noch von den „12 Geschworenen“ stammt und nur ausgeliehen ist, bis der richtige Tisch gekauft ist. Eine Kanne Tee, Zucker und Milch hingestellt – und das Wohnen kann beginnen und ist schon ziemlich gemütlich.


Um 15 Uhr mache ich mich auf den Heimweg. Extra früh, weil ich ja Probe habe, 200 km fahren muss und nicht weiß, wie gut ich durchkomme. Bei freien Straßen brauche ich gute zwei Stunden, heute könnte es deutlich länger dauern. Der Schnee fällt jetzt kräftiger. Auf den Straßen und Autobahnen rund um Frankfurt liegt Schneematsch, die Autos fahren langsam, immer wieder wird gebremst und es bilden sich kleine Staus. Hoffentlich bin ich überhaupt bis zur abendlichen Probe da, sonst hätte ich auch in Frankfurt bleiben können! Aber nach dem ersten, sehr langsamen Drittel der Strecke geht es zügig weiter, weil kaum noch Schnee liegt. Ab Koblenz gibt es gar keinen mehr und Zuhause regnet es sogar. Ich komme pünktlich zur Probe. Hurra, geschafft! Nur leider ist niemand da. Sollte wirklich … ? Ich gucke auf mein Handy. Ja, am Nachmittag, als ich unterwegs war, wurde die Probe abgesagt. Wegen des Wetters! Ich sitze im Auto vor dem dunklen Probeort, der Regen pladdert aufs Dach, die Straßen sind eis- und schneefrei – und ich denke daran, dass ich mich vorsichtig und sehr konzentriert durch glatten Schneematsch und an Streufahrzeugen vorbei manövriert habe, um rechtzeitig da zu sein. Na ja, passiert. Und ist auch ein bisschen lustig.


Von Maybebop trifft per Post die bestellte neue CD ein. Nun wurde jedoch ganz aktuell die gerade begonnene Auslieferung der CD gestoppt, als festgestellt wurde, dass versehentlich eines der Lieder auf der Pressung fehlt. Die ersten CDs waren da aber schon verschickt. Habe ich nun die korrigierte Fassung der CD bekommen oder eines der Mauritius-Exemplare mit fehlendem Zacken?

Anzusehen ist es der CD nicht, denn das Booklet ist völlig in Ordnung. Ich lege die CD in den Player. Lied 14, „Ruf der Berge“ soll fehlen. Na, mal hören. Ich tippe Lied 14 an und die Musik beginnt. Also kein Fehler … Moment mal, das ist aber Lied 15. Tatsächlich, Lied 14 fehlt, stattdessen gibt es dort Lied 15, und bei Lied 15, das das letzte auf der CD ist, bleibt alles ruhig. Hurra, ich habe eine fehlerhafte CD! Warum ich mich darüber so freue, weiß ich selber nicht, denn mir fehlt ein Lied auf der CD und es ist ja nicht so, dass die CD deswegen einen hohen Sammlerwert bekommt. Ich finde es trotzdem schön, dass ich eine habe. Die Maybebops haben schon angekündigt, dass alle, die jetzt eine fehlerhafte Ausgabe erhalten, jeweils eine richtige Version hinterhergeschickt bekommen. Ich hoffe sehr, dass sich Kosten und Aufwand für sie in Grenzen halten.


Am Freitagabend ist Rainald Grebe mit dem „Münchhausen-Konzert“ im Düsseldorfer Savoy. Während der Hinfahrt bin ich vom Feierabendverkehr und der Dunkelheit genervt. Wieso hole ich mir eigentlich eine Karte für einem Freitagabend? Und dazu noch im Dezember? Es ist gerade so viel zu tun, warum mache ich mir noch mehr Stress? Ich muss mir unbedingt merken, im Dezember keine Karten mehr zu holen! Außerdem kenne ich das Programm doch schon, was normalerweise kein Argument ist, weil ich Sachen, die mir gefallen, sehr gerne mehrfach gucke, aber diesmal frage ich mich wirklich, warum ich das an einem Freitagabend – einem FREITAGABEND!! – mache. Als ich im Parkhaus aussteige, finde ich die ganze Aktion schon gar nicht mehr so blöd. Als ich mich im Foyer planmäßig mit dem in Düsseldorf wohnenden Sohn treffe, der mit mir gemeinsam guckt, finde ich alles schon ziemlich gut. Was stelle ich mich denn so an?

Im Münchhausen-Programm geht es um Schein und Sein, ums Lügen, Schwindeln und Geschichten erfinden. Das Programm ist schon älter, wurde allerdings von der Corona-Pandemie gestoppt und hängt jetzt ein bisschen zwischen den aktuelleren Sachen von Rainald. Er singt in einem Lied eine Textzeile über die Queen und stellt dabei selber fest, dass der Text inzwischen veraltet ist. Ich mag das Programm, weil die Themen Schein und Sein, Lug und Betrug weiterhin sehr aktuell sind.

Schon während des Abends im Savoy finde ich es genau richtig, dafür im Freitag-Feierabendverkehr nach Düsseldorf gefahren zu sein. Ich habe so viel Spaß und freue mich über die von Rainald gesammelten Gedanken und Assoziationen – das lohnt sich doch für mich! Am Ende des Programmes erzählt er, dass er Fotos für einen Landkalender machen ließ. Von den Fotos hatte er in den letzten Tagen schon erste bei Instagram gezeigt und ich hatte sie fasziniert angesehen. Ein manchmal spärlich oder noch weniger bekleideter Rainald in kernigen Landmann-Posen. Kein Next-Topmodell-Körper, aber lässiges Selbstbewusstsein in stimmungsvoller Umgebung. Ich mag sowas sehr. Genau mein Humor. Ob er davon wirklich einen Kalender machen würde – da war ich skeptisch. Jetzt sagt er, dass es auf den Bildern die schöne brandenburgische Landschaft zu sehen gäbe – und ihn: „Mit einem Körper, den Cortison und Lasagne al forno schufen.“ Sie hätten einige Kalender nach dem Konzert im Foyer. „Mal sehen, was passiert“ grinst er, anscheinend selber etwas unsicher, ob die jemand haben will. Ja! Ich!!

Der Kalender hat zwölf sehr schön fotografierte Bilder mit Monatsangaben, aber ohne Tagesdaten. Damit ist er ein immerwährender Kalender, der in jedem Jahr aufgehängt werden kann und nie ungültig wird. Yeah! Ich habe jetzt einen PinUp-Kalender von Rainald Grebe, den ich immer im Spind hängen haben kann. Oder an der Wand, denn ich habe ja gar keinen Spind. Egal, ich freue mich. Auf der Rückfahrt strahle ich innerlich. Ein so schöner Abend. Das war doch die beste Idee überhaupt, zu Rainald nach Düsseldorf zu fahren! Die Freude und Energie, die ich davon mitnehme, ist groß.


Nachdem ich am Montag die Regale unaufgebaut in der Wohnung des Sohnes zurücklassen musste, entscheiden der Gatte und ich, am Samstag nochmal nach Frankfurt zu fahren. Wir nehmen weitere Kisten mit eingelagerten Haushaltszeug mit und laden unterwegs am Fachmarkt eine vorbestellte Waschmaschine dazu. Mit dem Sohn zusammen schleppen wir hoch, bauen Regale auf und räumen Kisten leer. Nebenbei stellen wir fest, wie schön ruhig die Wohnung im ansonsten eher lauten – wie die Makler schreiben: lebendigen Stadtteil liegt. Geschäfte, Leute, Autos, Straßenbahn – das ist alles zwei Straßen entfernt. Gut zu erreichen, aber nicht zu hören. Prima.