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Blog 819 – 07.01.2024 – Lärm, Optimismus, Umzug und Hingabe

Das neue Jahr kommt mit dem üblichen Silvester-Geknalle, auf das ich komplett verzichten könnte. Wenn es wenigstens nur die hohen Raketen wären, die als Geräusch: „Sssssssss – Popp!“ machen und immerhin ein optisch schönes Ergebnis bringen. Müsste für mich auch nicht sein, aber OK. Alle reinen Böller und Explosionsknaller sind nur doof. Typischerweise werden sie größtenteils von Leuten gezündet, die auch auf dicke Autos oder (und) dicke Muskeln stehen und anscheinend ein Problem mit ihren zu kleinen eigenen Werten haben. Je lauter der Knall, desto kleiner die innere Größe. Da spricht die Hobbypsychologin, aber beim Blick in die Runde der Krachmachenden fühle ich mich empirisch bestätigt.

Weil die Katze am späten Abend des 31. Dezembers unbedingt raus will – vermutlich drückt die Blase -, öffne ich ihr die Tür in der Hoffnung, dass sie bei den lauten Böllern wieder ankommt. Tut sie nicht. Um drei Minuten vor Mitternacht – viele der Lärmliebhaber scheinen die Uhr nicht lesen zu können -, beginnt das Geböller. Es pfeift, zischt und knallt. Ich gehe immer wieder raus und rufe, aber die Katze kommt nicht. Ach je, ich weiß, dass sie bei dem Lärm große Angst hat. Gegen halb 2 beschließe ich nach vielen erfolglosen Lockversuchen, ins Bett zu gehen. Hilft ja nix. Ich gehe zum Zähneputzen ins Bad und als ich rauskomme, steht die Katze in der Küche. Häh? Vermutlich ist sie, während ich vor dem Haus nach ihr rief, durch die angelehnte Tür geschlüpft und hat sich im Haus versteckt. Vielleicht sogar schon vor Mitternacht, so dass sie bei dem Geböller gar nicht mehr draußen war. Immerhin kann ich jetzt beruhigt einschlummern. Bis 3 Uhr, denn da will die Katze maunzend wieder raus.


Am 1. Januar ist im Garten verfrüht der Frühling ausgebrochen. Gänseblümchen und Primeln denken, der Winter wäre vorbei. Vielleicht wollen sie mir auch nur zeigen, dass sie noch da sind und der Frühling sicher kommen wird.


Meine Neujahrskarten kommen überraschend schnell aus der Druckerei, Briefumschläge und Briefmarken sind da, alles liegt auf dem Tisch bereit – aber ich habe gerade zu wenig Zeit, um die Karten zu beschreiben und wegzuschicken. Die Schreibaktion dauert immer mehrere Stunden und ich will und kann das nicht mal eben in kleinen Portionen hektisch zwischendurch machen. Da werden die Neujahrswünsche leider mindestens bis zur nächsten Woche warten müssen. Da es aber völlig egal ist, ob sie in dieser oder der nächsten Woche ankommen oder auch erst im Februar, muss ich mich nicht selber stressen.


Wie optimistisch ich generell bin, sehe ich an meiner Bestellung eines Spitzenkragens. Der soll das in einigen Wochen fertig genähte Theaterkleid schmücken, wobei ja noch unklar ist, ob ich das Kleid überhaupt so nähe, dass ich es anziehen möchte. Da kann ja einiges schiefgehen. Vor allem die Nähte.


Mein Vater kommt von seiner Weihnachts-Silvester-Seniorenreise zurück und ich fahre in seine Wohnung, um ihn und seinen schweren Koffer zu empfangen. Weil IKEA auf dem Weg liegt, fahre ich etwas früher los, um vorher noch einige Kleinteile zu holen, die ich dem Umzugssohn mitbringen kann. Kaum biege ich auf den Parkplatz ab, bemerke ich, dass der rappelvoll ist. Bis zum äußersten Rand. Es kreiseln sogar Autos auf der Suche nach einem freien Platz. Oh, nein! In einen übervollen IKEA mit kilometerlangen Schlangen an den Kassen will ich auf keinen Fall gehen. Ich bin ja auch sonst schon genervt, wenn Paare nebeneinander schlendernd die Wege versperren und ich mit meinem Wagen nicht an ihnen vorbeipreschen kann. Sofort fädel ich mich auf die Ausgangsspur ein und fahre wieder weg. Am frühen Abend versuche ich es auf dem Rückweg erneut. Diesmal fahre ich aber gar nicht erst auf die Zufahrt, sondern sofort vorbei, als ich sehe, dass es immer noch übervoll ist. In der nächsten Woche sind die Weihnachtsferien um, da wird es dort wieder gemäßigter zugehen.


Am nächsten Tag fahren wir unser leicht geknautschtes Auto zur Werkstatt. Mit neuer Tür und neuem Kotflügel wird es wieder wie ein normales Auto aussehen. An Kreisverkehren fahre ich immer noch etwas angespannt, wenn sich von rechts ein Auto nähert. Vor einigen Tagen bremste ein Auto beim Zufahren erst sehr spät und ich hatte in Sekundenbruchteilen den Gedanken, was wohl passiert, wenn mir jetzt nochmal jemand ins Auto fährt. Glaubt mir das einer? Teilen sich dann zwei Versicherungen die kaputte rechte Seite? Vermuten Polizei und Versicherung, dass ich gewerbsmäßig Unfälle an Kreisverkehren mache? Erstaunlich ist, was ich alles in Sekundenbruchteilen denken kann.


Zum Ende der Woche geht es früh morgens schon wieder nach Frankfurt. Das Internet soll kommen, weswegen jemand – während der Sohn arbeitet – vor Ort erreichbar sein muss. Es ist noch einiges in der alten und in der neuen Wohnung zu tun und der Sohn hat außerdem am Wochenende bei uns Zuhause ein Treffen mit Freunden, weswegen er sowieso kommen möchte. Das bietet sich als Komplett-Aktion an. Der Gatte hat seinen letzten Urlaubstag und fährt mit.

Der Gatte sieht nach Anschlüssen und Elektrik, und ich habe den passenden großen Maulschlüssel dabei, um die Schrauben am Himmelbett komplett festzudrehen, optimiere die Vorhänge mit Feststellern, baue zwei Kellerregale auf, raspel am Tisch die etwas zu knappe Öffnung für die einsetzbare Zusatztischplatte passend und packe das meiste Werkzeug zusammen, weil es nicht mehr gebraucht wird. In der Zwischenzeit kommt der Internetmann, probiert, stellt ein und verkündet, dass bei den Hausleitungen alles klar ist, das Internet funktioniert, die Geschwindigkeit aber zu langsam ist. „Rufen Sie beim Support an!“, empfiehlt er und geht. Der Gatte ruft an und hört als erstes: „Sie haben eine voraussichtliche Wartezeit von … sieben („Ah, das geht ja!“) … und … zwanzig („Och, menno!“) … Minuten.“ Na, hilft ja nix.

Als der Sohn am Abend – wie immer gut gelaunt, weil es seine Lieblingsarbeit ist – von der Arbeit kommt, läuft das Internet noch nicht besonders schnell, aber für normale Sachen ausreichend. Es soll noch deutlich besser werden – in der nächsten Woche wird wieder ein Internetmensch kommen. Ähm, ja, hurra. Wir holen die Computersachen und das Bettzeug aus der alten Wohnung und markieren damit den endgültigen Umzug in die neue Wohnung. Das Apartment wird in der nächsten Woche nur noch restgeräumt. Dann fahren wir mit dem Sohn, der zwar gerade umgezogen ist, aber zum Wohnen gar nicht bleiben kann, weil er ja übers Wochenende zu uns kommt, nach Hause.


Am Samstagabend gehen der Gatte und ich spontan in das Theaterstück „Runter zum Fluss“, das vom örtlichen Kulturverein angeboten und vom 12 Stufen Theater gespielt wird. Agnieszka Kleemann und Dustin McKenna sind die Darsteller, wobei mich Mimik, Sprache und Emotionalität von Dustin McKenna immer wieder an Dirk Bach erinnern. Ich lächle sentimental und freue mich über sein feines, sensibles Reinschlüpfen in einen Charakter und über die Hingabe, mit der er spielt.