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Blog 835 – 28.04.2023 – Schokoladenhandy, Terminflut und Aufräumpizza

Am Vorabend bin ich nach neun Tagen aus Bochum zurückgekommen, für den Sonntagmorgen hat der Gatte für sich einen Frühstückstermin bei seiner Schwester abgemacht. Das macht er hin und wieder, und weil es nicht „Brunch“, sondern „Frühstück“ ist, fährt er dann tatsächlich früh los. Seine Schwester wohnt auf halbem Weg nach Frankfurt, und diesmal fahre ich mit, auch wenn ich ganz gerne Zuhause wäre und einen ruhigen Tag gebrauchen könnte. Um 7 Uhr geht es erst zum Bäcker im Nachbarort, wo wir die äußerst leckeren Müslibrötchen kaufen, dann weiter bis hinter Koblenz, wo gefrühstückt und geplaudert wird.

Vom Frühstückstisch aus fahren wir eine knappe Stunde weiter nach Frankfurt und treffen uns mit dem Sohn. Der freut sich über den Besuch – der selbstverständlich abgesprochen ist. Auch wenn wir uns sehr gut und unkompliziert verstehen und gerne Zeit miteinander verbringen, würde ich als Mutter nie unangekündigt vor den Türen der Söhne stehen oder gar mit dem Ersatzschlüssel unabgesprochen die Wohnungen betreten. Mutti ante porta! – die übergriffige Mama steht vor der Tür. Oder schlimmer: Mater est in domo! – die Mutter ist im Haus! Allerdings muss ich auch immer erst bis Düsseldorf oder Frankfurt mit dem Auto fahren, bis ich bei den Söhnen bin, und da wäre es blöd, nicht abzusprechen, ob sie auch da und besuchsbereit sind.

Das Mittagessen gibt es beim Inder, wo wir rätseln, was die bärtige Figur, die auf der Fensterbank sitzt, in den Händen hält. Ein kaputtes Handy und einen Schraubenzieher? Angeschmolzene Schokolade? Ich möchte den Kellner nicht fragen, der ernst und zurückhaltend aussieht.

Mmh, indisches Essen mag ich immer sehr. Diesmal ist das Blumenkohl-Kartoffel-Curry am leckersten, aber wenn ich von allen drei Gerichten etwas auf dem Teller habe, ist alles genau richtig.


Die Woche scheint keine Entspannungswoche zu werden. Im Terminkalender stehen für Montag eine Theaterprobe, für Dienstag eine Podcastaufnahme, bei der ich Gast bin, am Mittwoch ein halber Tag bei meinem Vater sowie eine weitere Theaterprobe und am Freitag die Beerdigung meiner Tante, die, während ich in Bochum war, gestorben ist. Wie schön, dass wir vor zwei Monaten noch in einer kleinen Familiengruppe zusammen essen waren! Am Samstag gibt es dann noch drei Stunden Aufräumaktion beim Theater. Zwischen den Terminen muss ich das Auto leerräumen, Sitze wieder einbauen, Bauzeug und Kunstfelle zurückräumen, Wäsche waschen, einkaufen, dringend im Garten blühendes Unkraut entfernen, Fotos ausdrucken, Post verschicken und Bücher in die Bücherei zurückbringen. Ich könnte gerade zwei Tee-trink-Entspannungstage brauchen, denn auch wenn neun Tage Bauseminar viel Spaß machen, sind es doch neun Tage mit hoher Konzentration, viel Input, viel Kommunikation und wenig Schlaf. Als mir auffällt, dass ich mich im Beerdigungsdatum vertan habe und die erst zu Beginn der nächsten Woche stattfinden wird, bin ich erleichtert.


Bei der Montagabend-„Nil“-Probe fehlen zwei Mitspielende wegen Krankheit und Urlaub. Ihre Rollen werden eingesprochen, was beim inzwischen erreichten Probestand eher hemmt als hilft. Wir arbeiten schon an den Details und dem Timing, das klappt nur, wenn alle am richtigen Platz stehen und im eigenen Tempo reden. Während ich bei der Probe bin, wird die Podcast-Aufnahme, die für den nächsten Vormittag geplant ist, wegen Krankheit kurzfristig abgesagt. Einerseits schade, andererseits passt es gut. Die volle Woche leert sich.


Im Garten hat sich während meiner Zeit in Bochum viel getan. Es ist überall grün, auch die neu eingepflanzten Bäume und Büsche treiben gut aus und alles wächst dicht zu. Ich mag das sehr. Mein vor wenigen Jahren gepflasterter Treppenweg – wo es vorher nur trockenes Gras auf schrägem Hang gab, das mir im Hinblick auf mein kommendes Seniorenalter als zu gefährlich vorkam – bewährt sich und gefällt mir.

Ich möchte demnächst auch noch den zweiten Teil des Weges bauen. Blöderweise muss ich dafür erst den alten Betonweg mit einem Bohrhammer weghämmern und die schweren Teile für Treppenstufen und Splitsäcke hoch in den Garten schleppen. Immerhin habe ich noch mehr als genügend Pflastersteine aufgestapelt liegen, die alle schon hochgeschleppt wurden. Ich sollte das dann unbedingt als Fitness-Projekt sehen und nicht als „Menno, mir tun die Arme weh! Und die Knie auch!“


Als ich am Mittwoch bei meinem Vater bin, verschwindet der zwischendurch im Keller und ich höre, wie er dort laut die Waschmaschine zerlegt. Am Morgen hatte ich im Fernsehen einen Bericht über Aggressionsabbau durch das Zerhauen von alten Möbeln gesehen, und mein Vater im Keller hört sich an, als würde er genau so etwas machen. Mit Hammer und Baseballschläger voll auf die Waschmaschine. „Bong! Bong! Klong! Schepper! Dengel! Klong!“ Verwundert sehe ich nach und entdecke ihn, wie er in seinem Werkzeugkeller mit einem dicken Hammer in eine alte Metallpfanne haut, in der Walnüsse liegen. „Ich hau Nüsse kaputt für die Vögel“, erklärt er auf meinen fragenden Blick hin. Na, zum Glück ist es nicht die Waschmaschine.


Am Abend ist ein weiterer Nil-Mitspieler erkrankt und die Probe wird komplett abgesagt. Meine Büchereibücher verlängere ich kurzentschlossen online und schiebe damit den Abgabetermin nach hinten. Hätte ich das mal am Anfang der Woche gewusst, dass so viele Termine ausfallen und es dann doch ziemlich entspannt wird!


Am Samstag ist das jährliche Aufräumtreffen für die Mitglieder von Szene 93, und wie immer sind es weitgehend die gleichen zehn bis fünfzehn Leute, die dabei sind. Nun ja, es ist freiwillig und da wählen manche gerne einen freien Tag, anstatt die Garderobe aufzuräumen, Unkraut zu entfernen und den Container zu entrümpeln. Ich fände schön, wenn diejenigen, die nicht kommen, ganz freiwillig 10 Euro spenden, so dass die Aufräumgruppe im Anschluss an die Arbeit gemeinsam Pizza essen gehen könnte. Das könnte allerdings zu dem Gedanken führen: „Was? 10 Euro zahlen? Und ich muss dann zuhause bleiben und die anderen haben Spaß und gehen zusammen in die Pizzeria? Nee! Da arbeite ich ebenfalls mit und will dabei sein!“ Und dann kommen so viele zum Aufräumen, dass wir nach einer Stunde fertig sind, aber es gibt zu wenig Leute, die für die Pizza zahlen.


Am Abend tritt Bodo Wartke mit „Ödipus“ im größeren Nachbarort auf. Ich liebäugle seit Wochen mit dem Termin, hole aber keine Karte, da es neben genügend eigenen Terminen noch ausstehende gibt, die kurzfristig kommen können. Jetzt könnte ich vielleicht eine der letzten Restkarten an der Abendkasse bekommen, aber ich entscheide mich nach einigem Überlegen aus Vernunftgründen doch dagegen. Mit Bedauern, aber ich sollte mir nicht zu vorwitzig neue Termine einschieben, wenn ich schon über jeden Termin, der gerade ausfällt, erleichtert bin. In der nächsten Woche werden wir beim „Nil“-Stück anstelle der Proben die Bühne einrichten – danach gibt es erst ein Probenwochenende, dann die letzte intensive Probewoche, bei der wir an fast jedem Abend das Stück durchspielen und dann ist schon das Premierenwochenende da. Nee, Anette, mach mal langsam!