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Blog 839 – 26.05.2024 – Baguettes, 1000 Gesichter und Zusatzvorstellung

Am Pfingstmontag habe ich Gäste. Am Nachmittag soll es Kuchen geben und am Abend Aufschnitt, Dips und Brot. Das zuerst geplante Grillen ist gestrichen, denn das Wetter ist unzuverlässig, beziehungsweise es wechselt zuverlässig mehrfach am Tag von trocken zu nass. Und umgekehrt. Ich bereite einen Tisch in der Küche und einen im Hof vor. Keine Ahnung, ob wir drinnen oder draußen sitzen werden.

Im Internet suche ich mir ein Rezept für „original französische Baguettes“, die „gelingsicher“ sind. Ich arbeite grammgenau nach Rezept, knete und forme den weichen Teig wie angegeben nicht und lasse ihn in eine längliche Form rutschen. Mir kommt er zu weich vor, aber ich werde auf keinen Fall auf eigene Faust etwas anders machen und aus „gelingsicher“ „zufällig“ machen. Vorschriftsmäßig pudere ich etwas Mehl über den Teig, decke ihn ab und lasse ihn gehen.

Die Kuchen, bei denen ich ein bisschen improvisiere, die Dips, die ich ohne Rezept anrühre und die gemischte Aufschnittplatte, die ich völlig frei gestalte, sind buffetfähig.

Die französischen Baguettes gehen zwei Stunden länger als gefordert, sitzen aber immer noch flach vor sich hin und sind höchstens wenige Minischritte getrippelt. Aber was weiß ich, wie original französische Baguettes vor dem Backen aussehen. Vielleicht gibt es Überraschungen, wenn sie bei 250 Grad im Ofen sind. Ja, die gibt es. Nach dem Backen sehen die Baguettes immer noch fast so flach aus wie vorher. Das ist für mich dann schon überraschend. Ich hätte es angesichts des sehr weichen Teigs erwarten können, wollte mich aber lieber auf „gelingsicher“ verlassen.

Aber bei sowas bin ich schmerzfrei. Ich stelle die pappigen Schuhsohlen mit auf den Tisch und kann darüber lachen. Tatsächlich schmeckt der Teig recht gut, und wenn die „Flachbaguettes“ aufgegangen wären und nun außen eine krachende Kruste und innen leichten, fluffigen Teig hätten, wären sie gut geworden. Schön ist, dass wir tatsächlich später im Hof sitzen können, das Wetter stabil freundlich bleibt und ich einen sommerlichen Mai-Geburts-Tag mit meiner Familie habe.


Im Vorgarten werden die Pflanzen gerade erschreckend schnell von wildem Grünzeugs überwuchert. Den Mohn mag ich sehr und der soll an einigen Stellen auch gerne noch bleiben, aber Kletten, wuchernden Klee und Gras möchte ich dort nicht haben. Die überwältigen alle Steingartenpflanzen, jammern im Sommer aber, dass es zu trocken ist und verdorren sofort. Das sieht dann auch nicht schön aus.

Der Vorgarten ist sehr steil angelegt. Angeblich haben die Erbauer des Hauses früher gesagt: „Wir gehen in den Berg“, wenn sie dort etwas gemacht haben. Tatsächlich wäre eine Bergsicherung gegen Absturz nicht unangebracht. Ich klammere mich meistens mit einer Hand am oberen Geländer fest und hänge im fast schon senkrechten Beet. Während des Unkrautrupfens denke ich: „Wenn ich jetzt abstürze, kann ich am Wochenende nicht mit auf dem Nil fahren, weil ich Zuhause vom Berg gefallen bin. Das glaubt mir keiner.“ Ich passe allerdings nicht nur vor dem Abrutschen auf, sondern begegne auch der dort wachsenden Walzenwolfsmilch mit großer Vorsicht. Im vergangenen Jahr reagierte ich auf ihren Pflanzensaft tagelang mit einem roten, erschreckend zugequollenen Gesicht. Damit könnte ich zwar an der Nilfahrt teilnehmen, sähe aber aus wie eine seit Jahren sehr dem Alkohol zugetane Frau. Der Gatte meint, wenn ich meinen Text dann lalle, passt es wieder.

Als der Vorgarten unkrautfrei ist, freue ich mich, dass er wieder nett aussieht und wasche mir sehr gründlich die Hände und das Gesicht. Mit Wasser und Seife, das soll angeblich alle Wolfsmilchmoleküle von der Haut entfernen. Sicher ist sicher.


Am Freitag wird auf „1000gesichterplus2.de“ die Podcastfolge veröffentlicht, bei der ich vor zwei Wochen zu Gast war. Es geht um Demenz und um Krankheiten, die man vielleicht bekommen kann, weil jemand in der nahen Familie sie schon hat. Quasi: Erbe ich eine Familienkrankheit oder kann ich das Erbe ablehnen? Eine halbe Stunde lang Unterhaltung mit Edda Schnittgard und Dirk Riepe, die beide offen, neugierig und schlau sind. Das macht das Unterhalten locker und unangestrengt. Das Thema ist schon ernst, aber solche Sachen gehören ja zum Leben. Es kommt darauf an, wie man damit umgeht. In diesem Fall plaudernd.


Am Samstag bin ich zum örtlichen Schulfest der Grundschule eingeladen. Sie feiert „125 Jahre Erich Kästner“, nach dem sie benannt ist. Auf dem Schulhof wuseln die Kinder, es gibt Spiel- und Aktionsmöglichkeiten und das Wetter hat sich zum Glück für „trocken“ entschieden.

Auch ehemalige Lehrerinnen sind eingeladen, von denen zwei die Klassenlehrerinnen meiner Söhne waren. Ich freue mich, sie zu treffen und sie wollen natürlich gleich wissen, wie es den Söhnen geht und was sie jetzt machen. Die frühere Kolleginnen und ich bekommen eine VIP-Führung durch die zum Teil umgebaute Schule. „Hier war doch früher das Schwimmbad?“ „Oh, in den früheren Duschräumen stehen jetzt Sportgeräte. Und in der Umkleide Bücher.“

Kurz vor Ende der Führung muss ich mich verabschieden und nach Hause laufen, denn meine Ponyhaare müssen dringend auf die Wickler. Am Nachmittag geht es zum Theater.


Alle Vorstellungen von „Tod auf dem Nil“ sind inzwischen ausverkauft. Wir überlegen kurz und schieben für den nächsten Samstag eine weitere Vorstellung ein. Dann werden wir nicht nur um 20 Uhr, sondern auch schon um 14 Uhr spielen. Das ist recht kurzfristig, aber vielleicht kommen wir damit den Leuten entgegen, die noch gerne kommen würden, aber zu spät für den Kartenkauf waren.

Dann die Frage: Sitzt der Text nach zwei Wochen Pause noch? Ja, tut er. Auch wenn es hin und wieder ganz neue Sätze gibt, die aber alle so lässig gebracht werden, dass sie nicht mal als Panne gelten können. Es läuft rund und mit viel Energie durch, die Anschlüsse klappen und alle fühlen sich wohl. Das Publikum reagiert auf das Spielen und in der Pause hören wir Diskussionen, wer die Hauptverdächtigen sind. Schön.

Noch am Abend sind die ersten vier Karten für die 14-Uhr-Zusatzvorstellung weg.