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Blog 770 – 29.01.2023 – Listen, Schnittchen und Unspektakuläres

Die ganze Woche über bin ich beschäftigt, auch wenn nichts wirklich Großes passiert. Weil alles so unspektakulär ist, mache ich nicht mal Fotos. Trotzdem ist die Woche anstrengend und eine von denen, die ich nicht so oft haben möchte, weil kaum Zeit für mich selber übrig bleibt.

Mein Vater hat Geburtstag, den er gerne mit einem Umtrunk und einem Familienkaffetrinken feiern möchte. Außerdem kauft er ein Seniorenquad, möchte sein Auto verkaufen und braucht Ersatzbriefkastenschlüssel. Alles verlangt Erkundigungen, Planungen, Anrufe. Wie viele Leute passen ins Wohnzimmer, was werden die essen und trinken? Wirklich ein 10-Liter-Fässchen? Am Vormittag?? Wie und wo muss ein Quad versichert oder angemeldet werden? Wer übernimmt das Verkaufen des Autos und soll das jetzt schon beim Straßenverkehrsamt abgemeldet werden? Die neuen Briefkastenschlüssel, die mein Vater im Internet bestellt hatte, passen nicht. Außerdem hatte er „drei Ersatzschlüssel“ bestellt, gekommen sind aber drei Packungen mit jeweils einem neuen Schloss und zwei Schlüsseln, die jetzt umgetauscht werden müssen. Ich suche im Internet die passende Schlüsselfirma, schicke ein Bild des Schlüssels und bestelle dort. Es ist so viel zu erledigen und zu klären, dass ich Listen anlege und immer wieder telefoniere, in Warteschleifen hänge und Mails schreibe.

Am Tag vor dem Geburtstag bin ich bei meinem Vater, bereite Tisch und Stühle vor, mache etwas Platz im Wohnzimmer, hole ein Fässchen Bier im Getränkemarkt ab, kaufe ein Kilo frisch gemahlenen Kaffee, koche Mittagessen, fahre auf dem Heimweg noch bei IKEA vorbei, weil ich zwei Bodenschutzmatten brauche und dabei gleich für einem Sohn etwas mitbringen kann, fahre in den Supermarkt, um Baguette, Butter, Käse, Wurst und was man so als Deko für Schnittchen braucht, zu kaufen – und schon ist es Abend.

Am nächsten Morgen weckt mich die Katze um 5 Uhr – der Wecker hätte erst um 6 geklingelt – um 8 Uhr bin ich bei meinem Vater. Er wird 87 und hat etwa 25 Leute zu einem Umtrunk am Vormittag in seinem Wohnzimmer eingeladen. Ab 9 Uhr, was mir viel zu früh erscheint. Einige Eingeladene beschwerten sich wohl auch sofort, dass sie um diese Zeit noch im Bett liegen würden. Ich hole das Fässchen und die Getränke aus der kühlen Garage, stelle Gläser und Tassen hin, fülle die Zuckerdose auf und stelle die Kaffeemaschine an. Mein Vater schlägt das Fässchen an. Mal sehen, ob überhaupt jemand vor zehn Uhr kommt. Vielleicht sitzen wir bis 11 Uhr alleine.

Sieben Minuten vor Neun, ich breite gerade in der Küche das Zubehör für die Schnittchenplatten aus, klingelt der erste Besucher. Um fünf vor Neun der zweite. Der fünfte, der zehn Minuten nach Neun klingelt, entschuldigt sich schon, dass er so spät sei. Um 10 Uhr sind sechzehn Besucher da, etwas später über zwanzig. Es wird eng. Ich schmiere und dekoriere Schnittchen im Akkord, trage volle Platten auf und leere ab, koche eine Kanne Kaffee nach der anderen, renne zum klingelnden Telefon, bringe neue Kaffeetassen und schmiere weitere Schnittchen. Bier will am frühen Morgen niemand trinken. Mein Vater und seine Gäste unterhalten sich angeregt, ich belege mehr als 60 Schnittchen und koche 8 Kannen Kaffee. Zwei Stunden später wird dann tatsächlich noch etwas Bier getrunken, aber ein 10-Liter-Fässchen hätte es nicht sein müssen.

Um halb Drei ist aufgeräumt und ich setze mich ins Auto, um bei leichtem Schneegeflocke 200 km nach Frankfurt zu fahren. Ich habe noch einige fehlende Sachen für den Sohn dabei und will ihn am Abend mit nach Hause nehmen, damit er am Samstag beim Familienkaffeetrinken dabei sein kann. Weil ich erwartungesgemäß zu früh in Frankfurt ankomme, kann ich mich noch in ein gemütliches Café setzen und in aller Ruhe einen Capucchino trinken. Puh. Einfach mal alleine sein und runterkommen. Der Cappucchino ist sehr lecker und so stark, dass ich danach komplett wach bin. Die Rückfahrt findet unter angeregter Unterhaltung, bei etwas Nebel und nur wenig Stau statt. Um 22 Uhr bin ich nach einem langen Tag wieder Zuhause. Immer noch wach vom Cappucchino.

Einkaufen, Kuchen backen, Familienkaffeetrinken – auch der Samstag ist voll. Am Ende der Woche fühle ich mich leicht geschafft, weil immer etwas zu tun war und ich nur „Pausen vom Arbeiten“ machen konnte, die aber nicht sinnvoll für eigene Interessen nutzen konnte. Aber immerhin sind fast alle Punkte auf der langen Liste dieser Woche abgehakt und es wird jetzt deutlich entspannter.