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Blog 847 – 21.07.2024 – Omas Nähmaschine, Werkstatttag und Ferienvorfreude

Kaum zurück aus dem Bochumer Figurentheater-Kolleg, würde ich am liebsten sofort weitermachen mit dem Puppenbau. Das geht in dieser Woche aber nicht, weil viel anderes zu tun ist. Wäsche waschen, zum Beispiel. Und Staub wischen. Viel Staub. Und den Hof aufräumen, denn am Sonntag werde ich Brunch-Besuch haben und da wäre es schon gut, wenn Heckenschere, Spitzhacke, leere Kartons und diverses Abgestelltes dort nicht mehr herumliegen würden. Falls wir dann überhaupt draußen sitzen können, denn zum Ende der Woche sind Gewitter angesagt. Während des Aufräumens bricht der Sommer aus und ich stelle tatsächlich zum ersten Mal den Sonnenschirm auf. Am nächsten Tag nehme ich ihn weg, denn da regnet es schon wieder.


Endlich kann ich auch mein Rudergerät aufbauen. Als alles steht, gebe ich Wasser in den Tank, setze mich auf den Sitz und rudere los. Hach, wunderbar! Dass um mich herum noch Unterlegscheiben, Akkuschrauber, Inbusschlüssel und ein Wäscheberg liegen, ignoriere ich. Während ich rudere und dabei das Wasser im Tank laut plätschert, weiß ich plötzlich, warum ich mich dabei so wohlfühle. Ich bin früher sehr viel geschwommen und mochte dabei vor allem Langstrecke im Brustschwimmen. Das ist in den Bewegungen gar nicht mal so unähnlich. Die Arme langgestreckt vor und zurück, Widerstand verdrängen und es dabei plätschern hören.


Sehr spontan und auch für mich unerwartet kaufe ich eine alte Nähmaschine und hole sie frühmorgens in einem Nachbarort ab. Es ist eine Singer, etwa von Ende der 60er Jahre, und ich erhoffe mir von ihr unbeirrtes und kräftiges Arbeiten. Sie ist schwer und massiv, wirkt unerschütterlich und transportiert bei einem ersten Test den Stoff kräftig, während die Nadel präzise auf und ab geht. Nähen kann sie nur vorwärts oder rückwärts, gerade oder zickzack – mehr brauche ich aber auch nicht. Ich freue mich und habe fast das Gefühl, die alte Nähmaschine wäre von meiner eigenen Oma. Da muss ich aufpassen, was ich mal späteren Enkelkindern erzähle. Wenn es Quatsch ist, können sie mich nach dem Lesen dieses Blogeintrages korrigieren: „Die ist doch gar nicht von deiner Oma, Oma!“


Draußen wächst das Grün, auch da, wo es nicht wachsen soll. Zum Beispiel in der Bordsteinrinne vor dem Haus. Die kratze und pule ich mühsam frei, was so überhaupt keinen Spaß macht. Aber muss ja gemacht werden. Zum Glück habe ich dann erstmal wieder vier Wochen Ruhe, denke ich. Am nächsten Morgen bin ich bei meinem Vater. Er zeigt mir die lange Bordsteinrinne neben dem Haus, die voller Unkraut ist. „Kein Problem, Papa“, sage ich. „Die mache ich frei.“ Ich bin nicht überrascht, dass es mir auch da keinen Spaß macht, nehme es aber mit meditativer Einstellung hin. Während ich kratze und an Wurzeln pule, denke ich, dass ich in der letzten Woche noch mit feinen Fäden einen Puppenkopf genäht habe, in der vorletzten in Warschau bei Dreharbeiten war und jetzt am Rinnstein sitze und im Unkraut pule. Das nennt man wohl ein abwechslungsreiches Leben. Als ich nach zweieinhalb Stunden fertig bin, habe ich trotzdem ein zufriedenes Gefühl, weil ich sichtbar etwas geschafft habe. Zumindest vorübergehend.


Am nächsten Tag fahre ich schon früh los ins Sauerland, wo bei Bodo Schulte noch extra georderte Einzelteile des Verivox-Fuchses gebaut und genäht werden müssen. Auch wenn wir die jetzt schon für zwei Füchse gemacht haben und genau wissen, was wir machen, geht es nicht schneller als vorher, denn es bleibt aufwändige, kleinteilige Handarbeit. Wir können die Arbeit aber gut in zwei eigenständige Bereiche aufteilen.

Auch wenn es viele Stunden Arbeit sind, kommt mir der Tag in der Werkstatt fast schon wie Ferien vor. Die Türen stehen offen, die Sonne scheint, ich säge Alu, schnipple Schaumstoff und nähe, nähe, nähe. Manchmal unterhalten wir uns oder wir müssen uns konzentrieren und arbeiten eine Weile still vor uns hin. Zwischendurch gibt es frischen Kaffee auf den Arbeitstisch, mittags ein schnelles, leckeres Essen auf der Terrasse, sofort danach geht es wieder an die Näharbeit. Es läuft entspannt, gemütlich und selbstverständlich. Am Abend fahre ich nach Hause und merke erst beim Ankommen, wie konzentriert ich gearbeitet habe und wie müde ich bin. Und trotzdem ist ein Feriengefühl da, das lachend in meinem Inneren sitzt.

Der August sollte mein Ferienmonat werden. Bis dahin ist es noch mehr als eine Woche. Aber was spricht dagegen, die Ferien langsam einschleichen zu lassen, damit sie nicht so plötzlich beginnen? Gar nichts, und darum starten meine Ferien schon am Montag. Natürlich werden sie trotzdem bis Ende August dauern. Hach, wenn ich einen Schulranzen hätte, würde ich ihn mit Schwung in die Ecke pfeffern und jubelnd herumrennen. Stattdessen grinse ich zufrieden. Am Montag fangen die Ferien an, am Montag fangen die Ferien an!


Am Wochenende kaufe ich für das Brunchen ein, räume noch ein bisschen weg und putze durch. Fertig. Ein Wetterbericht sagt, dass es am Sonntag von 8 bis 14 Uhr ziemlich sicher Regen geben wird. Ein anderer, dass es am Vormittag trocken bleiben und ab 15 Uhr sehr sicher regnen wird. Mal sehen, ob ich im Hof oder in der Küche den Tisch decken werde. Und ob wir vielleicht draußen starten und dann während eines Wolkenbruchs überstürzt ins Haus umziehen und danach die Brötchen nass sind.