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Blog 786 – 21.05.2023 – Bombe, Denglish, Durchbruch und Kuchen

Am Sonntag geht es beim Steinhau-Wochenende weiter. Mein hochkant im Stein steckender Fisch kommt immer mehr zum Vorschein. Er muss noch deutlich schmaler werden, was bei dem ungewöhnlich harten Stein ganz schön viel Arbeit ist. Aber ich habe ja noch bis zum Nachmittag Zeit. Endlich geht es voran.

Nach dem Mittag schlage ich behutsam an einer kleinen Stelle knapp unterhalb des Fischschwanzes, da macht es leise „plopp“ und unter dem Schwanz ist ein breiter Riss. Oh, blöd! Der ist jetzt ab.

Das ist schade, aber so was kann passieren. Ich nehme es gelassen. Die verbleibenden knapp drei Stunden sind jedoch zu kurz, um aus dem schwanzlosen Fisch ein neues Motiv zu schlagen. Vielleicht klappt aber noch ein kleinerer Fisch. Für eine breite Schwanzflosse ist nicht mehr genug Material da, aber wenn ich oben an den Seiten noch Stein weghaue, ist eine schmale Flosse vielleicht auch passend. Ist sie nicht, wie ich beim Arbeiten merke. Oh, das wird nichts mehr. Zumindest kein Fisch. Oder nur, wenn ich noch viele Stunden lang sehr viel Fischbreite weghaue und mir der Schwanz nicht nochmal abbricht.

Aber Seiten glätten und noch einige Kilos vom Sockel wegschlagen gibt mir genug Beschäftigung. Am Ende steht ein seltsames Gebilde da, das zur Interpretation freigegeben ist. Einer der Steinhauer grinst: „Sieht aus wie eine Bombe mit Zeitzünder, die im Schlamm steckt.“ Ja, stimmt. Und für eine Bombe mit Zeitzünder ist sie sehr gelungen.

Vor einigen Wochen ist der Auftritt von Gayle Tufts mit dem Programm „Ich bin wieder da“ im Kölner Gloria kurzfristig ausgefallen. Jetzt ist sie wirklich wieder da, am Flügel begleitet von Marian Lux, und wirbelt über die Bühne. Sie singt, erzählt, lacht, hat viel Energie, spricht Denglish und strahlt Optimismus aus. Es macht einfach Spaß!

Wie immer, wenn ich Gayle sehe, ist auch Dirk in Gedanken dabei. Die langjährige „Cover me“-Zeit mit Dirk Bach bleibt ein festes Band. Auch für sie ist er präsent. Sie erzählt auf der Bühne kurz von ihm und seinem immer respektvollen Umgang mit allen Leuten und bittet in seinem Sinne um Spenden für die Kölner Aids-Hilfe, deren Mitarbeiter mit Sammelbüchsen am Ausgang stehen werden. Als sie „Close to you“ von den Carpenters ansingt, lächle ich ganz wehmütig, denn das wurde nach Dirks Tod im Tribute-Konzert für ihn gesungen und hat seitdem für mich immer einen engen Bezug zu ihm. Aber ach, wie schön, dass ich Gayle mal wieder sehe! Am Ende gibt es Standing Ovation vom begeisterten Publikum.

Am nächsten Tag hänge ich am Grillplatz eine Lichterkette in einem Baum auf. Der Plastikstuhl, auf dem ich dabei stehe, ist grundsätzlich stabil, hat inzwischen aber schon mehrere Winter hinter sich und könnte an einigen Stellen spröde sein. Ist schon ein bisschen riskant, denke ich selber, will aber nicht extra bis nach unten laufen, um eine Leiter zu holen. Als ich mich auf dem Stuhl leicht umdrehen muss, um in die andere Richtung zu arbeiten, will ich ihn dabei nicht zu sehr belasten, beuge mich darum vorsichtig herunter und stütze mich mit der Hand auf dem Holztisch auf. Knack, krach – brechen die Holzteile der Tischseite unter meiner aufgestützten Hand weg, ich breche hinterher – knack, krach, peng – falle durch den Tisch, der Stuhl kippt zur Seite weg, ich lande inmitten der Trümmer auf dem Boden, sehe, dass der hohe Metalltisch, an den ich gestoßen bin, wackelt, ziehe schnell meine Arme über den Kopf und warte auf den Schlag, aber der kommt nicht, weil der Metalltisch dann doch stehenbleibt. Glück gehabt, denke ich da.

Der Stuhl war also in Ordnung; der Tisch war morsch. Auch der hat schon einige Winter hinter sich. Was für ein Glück, denke ich, dass ich ihn nicht gerade noch frisch gestrichen habe! Und wie gut, dass ICH jetzt auf dem Boden zwischen den Trümmern liege, und nicht am Wochenende, wenn wir genau an diesem Tisch sitzen wollten, unerwartet die Teller durch die Tischplatte brechen! Fast schade, dass die Durchbruchstelle nicht meine Silhouette zeigt, wie ich seitlich, mit aufgerissenem Mund und ausgestreckter Hand sauber durch die Platte gehe.

Praktischerweise habe ich sogar als Ersatz, einen großen, schweren Holztisch, den mein Vater vor zwei Jahren loswerden wollte, und bei dem ich letztens noch dachte: „Jetzt steht der große Tisch hier rum und ich habe gar keinen Platz für ihn.“ Am Ende fügt es sich – nach krach und peng – oft glücklich ineinander.

Am nächsten Tag bin ich zuerst bei meinem Vater und fahre von dort nach dem Mittagessen los nach Frankfurt, um den Sohn für das Wochenende zu holen. Der Sohn, der es gerne grün und etwas ländlich mag, ist in einem Stadtviertel gelandet, in dem es Bäume und Büsche fast nur als Designergrün gibt. Aber zum Glück ist er beruflich am perfekten Platz angekommen, so dass er die fehlende grüne Weitläufigkeit ergeben hinnehmen kann. Blick aus dem Treppenhaus:

Zuhause wächst der Garten zu; das Wetter ist eine gute Mischung von Sonne und Regen. Ich mag es ja sehr, wenn ich nur noch auf Büsche, und nicht mehr in Nachbargärten gucke. Noch ist auch alles saftig und grün, ohne dass ich täglich gießen muss. Entspanntes Gärtnern mit viel wild wachsender Akelei.

Zwischendurch finde ich eine echt fette Schnecke, die sehr faszinierend ist, aber von mir doch lieber in die Wildnis auf der anderen Straßenseite gebracht wird. Da gibt es leckeres Grün, das nicht meine Zucchini- und meine Kürbispflanze sind.

Am Samstag gibt es in kleiner Familienrunde Kaffee und Kuchen im Hof und anschließend eine Grillrunde am Grillplatz. Das Wetter hält, alles läuft, es ist entspannt und locker und niemand bricht durch den Tisch. Sehr schön.