Blog 887 – 27.04.2025 – Gekrümel, Geschmiere, Getropfe, Gesäge und Gregor
Am Ostersonntag gibt es beim kleinen Familientreffen die schwedische Mandeltorte, bei der ich die Pralinémasse nicht „pastös“ hinbekommen habe. Genauer gesagt hat der Zerkleinerer es nicht geschafft. Nachdem er die gebrannten Mandeln blitzschnell zu leicht klebrigem Pulver gemacht hatte, schleuderte er das Pulver an die Seitenwände der Mixerschale, wo es kleben blieb, während er selber nur noch im freien Raum in der Mitte drehte. Obwohl ich die Krümelmasse nicht aufstreichen, sondern nur dick auf die Buttercreme streuen konnte, war das Kuchenergebnis sehr lecker. Kein Vergleich mit dem übersüßen Ikea-Papp, den es dort als „schwedische Mandeltorte“ gibt.

Am Abend fällt mir ein, dass ich die Krümel vielleicht mit dem Stabmixer zur Paste bekommen kann. Weil ich mehr Mandeln gebrannt und zu Krümeln gemahlen habe, als ich laut Rezept brauche, probiere ich das sofort aus. Der Stabmixer haut seine Messer durch die Krümel, die ihm im engen Gefäß nicht ausweichen können, und sie werden sehr schnell cremig. Ich probiere und bekomme große Augen. „Mmmmh!“ – aus dem schon leckeren Gebrannte-Mandel-Gekrümel ist eine noch viel bessere Crememasse geworden, die wie eine Mischung aus Erdnussbutter, Nutella und gebrannten Mandeln schmeckt und sanft im Mund schmilzt. Jetzt verstehe ich auch, warum sie im Rezept „Pralinémasse“ heißt. Bei der nächsten Gelegenheit mache ich die Torte nochmal. Sie könnte einer meiner Lieblingskuchen werden.
Am Ostermontag fahren wir mit dem Sohn zurück nach Frankfurt und ich weiß schon vorher, dass wir auf der vielbefahrenen Strecke im Stau stehen werden. Zu meiner Überraschung verläuft zumindest die Hinfahrt ohne Probleme. Die ist allerdings am Vormittag. In Frankfurt spazieren wir zum „authentischen“ chinesischen Restaurant, bei dem wir die einzigen Gäste im großen Raum sind. Ich bestelle mein Lieblingsessen mit der sehr süßen, klebrigen Melasse-Soße und bin schon etwas skeptisch, weil auf der umgestalteten Karte nichts mehr von Melasse steht, sondern „Shanghai-Soße“. Die ist dann zwar ganz gut, aber nicht die Melasse- Geschmacksexplosion. Wie schade. Da aber auch die anderen Gerichte dort sehr gut schmecken, werde ich schon immer etwas Gutes finden. Gegen 15 Uhr starten wir die Autofahrt nach Hause. Wieder staufrei.
Durch die Osterfeiertage kommt mir die Woche zu kurz vor. Als sie startet, ist ja schon Dienstag. Da möchte ich einen Kondenswasserschutzbelag auf den inneren Teil des Laubendaches streichen. Je nach Wetterlage können sich innen an Metalldächern einige Tropfen bilden, die ich in der Laube auf keinen Fall haben möchte. Inzwischen gibt es einen streichbaren Belag, der eventuelle Tropfen aufsagt, damit sie nicht tropfen. Der Belag ist zähflüssig, soll auf Metall und Holz sehr gut haften und muss beim Streichen oder Rollen mehr als einen Millimeter dick aufgetragen werden. Hoffentlich tropft er nicht, denke ich noch, stelle aber schnell fest, er tropft nicht, aber er haftet auch nicht gut. Ob Pinsel oder Rolle, beide nehmen bei jeder Bewegung viel von der aufgetragenen Farbe wieder runter. Ein gleichmäßiges Auftragen ist nicht möglich, ein dickes sowieso nicht und das Ergebnis sieht aus wie ungekonntes Geschmiere.

Frustriert höre ich nach einem Drittel der Fläche auf und lasse die Farbe erstmal trocknen. Am frühen Abend streiche ich eine zweite Schicht auf die dünne erste, und die hält auf einmal sehr gut. Mit dem Voranstrich darunter kann ich jetzt auch gleichmäßig dick auftragen. Geht doch. Daraufhin streiche ich auch den bisher unbehandelten Teil schnell und dünn einmal vor. Wenn erst die zweite Lage gut wird, muss ich mir bei der ersten keine große Mühe geben.
Am nächsten Tag bin ich wie üblich bei meinem Vater. Zum Einkaufen muss ich in den Supermarkt, in den Getränkeladen, in den Drogerie-Markt, in die Bäckerei und in einen weiteren Supermarkt, um zwei Sachen zu holen, die es im ersten nicht gab. Ich fahre von einem Geschäft zum nächsten, muss immer parken und immer erneut an einer Kasse warten. Beim eigenen Einkauf hätte ich längst umgeplant und auf Sachen verzichtet, aber den Einkaufszettel meines Vaters und seiner Betreuung möchte ich gerne komplett erledigen. Danach stelle ich fest, dass am Gasherd in der Küche ein Drehknopf nicht mehr funktioniert, weil ein Plastikteil in der Mechanik gebrochen ist. Ach, menno! Immer etwas Neues. Ich schreibe mir Zweikomponentenkleber auf meine eigene Einkaufsliste und werde versuchen, das Plastikteil zu kleben. Falls das nicht klappt, muss ich wohl einen Fachmann suchen. Aber wen? Einen Gasinstallateur, um einen Plastikknopf zu ersetzen? Na, darüber werde ich nachdenken, wenn Plan 1 scheitert.
Zum Friseurtermin muss ich meinen Vater begleiten. Weil vom Personal jemand ausgefallen ist, warten wir mehr als eine Stunde für zehn Minuten Haareschneiden.

Eine der Friseurinnen hat ihre Haare auftoupiert, in Form eines dicken Motorradhelmes gestaltet und mit Betonspray bewegungslos gemacht. Der gelungene Helm zeigt mir, dass sie Haare formen und fixieren kann, aber auch, dass sie keinen Geschmack hat. Von Friseurinnen mit seltsamen Haarhelmen würde ich mir lieber keinen Haarschnitt machen lassen. Da mein Vater schon vor dem Schneiden zu kurze Haare für einen Helm hat, muss er sich keine Sorgen machen.
Zum Mittagessen hat die polnische Pflegekraft ein Rindergulasch vorbereitet, das nur aus kleinen Fleischstückchen und Soße besteht und sensationell schmeckt. Ich lobe es sehr und hoffe, dass ich die Geheimnisse des Rezeptes erfahre. „Es muss lange kochen“, erklärt sie. „Zwei Stunden oder drei. Oder länger.“ Ja, das weiß ich. Sie fährt fort und ich bin sehr gespannt, denn jetzt kommt es. „Und dann viel Maggi“, sagt sie. „Und Zwiebeln.“ Das ist es, das wundervolle Rezept: Maggi. Punkt. Und Zwiebeln. – Maggi?? Ich benutze kein Maggi. Aber das Gulasch ist wirklich total lecker. Vielleicht sollte ich … ähm …
Schon am Vortag hat es ausgiebig genieselt und geregnet. In der Nacht geht es weiter und am nächsten Morgen tropft es auch in der Laube. Sogar ziemlich viel. Und es ist kein Kondenswasser. Oh, nein! Das Dach hat nicht die vorgeschriebene Neigung und scheint an den Übergängen der Metallplatten mit Kapillarkräften das Wasser zurückzusaugen und gegen die Fließrichtung zu leiten. Dadurch tropft es dann munter in die Laube. Das ist nicht das, was ich von einem Dach erwarte. Der Gatte hatte vorher gemahnt, dass das bei zu geringer Neigung passieren könne, aber ich hatte das für übertrieben gehalten und mit dem Argument: „Noch schräger sieht blöd aus“ auf die hübschere Optik des nur leicht abgeschrägten Daches bestanden. Na, toll.
Wir haben schon auf zwei Schuppen Metalldächer und dort keine Probleme. Die sind allerdings schräger angelegt. Im Internet gucken wir nach Gründen und Lösungen. Sobald man nicht nur „Metalldach“ eingibt und damit viele hübsche Bilder, Anbieter und Anleitungen findet, sondern „Metalldach – undicht – tropft“, kommen auf einmal die Informationen zu Dichtungsprofilen, Dichtungsfarbe, Antikondensrillen und größeren Überlappungsbereichen, die bei geringer Dachneigungen angewendet werden sollten. Hätten wir das mal vorher gewusst. Wir bestellen eine Dose Dichtungsfarbe. Das wäre die einfachste Lösung. Wenn sie klappt.
Am frühen Abend ruft mein Vater an, dass ein Teil seines Teilprothesen-Zahnprovisoriums rausgebrochen ist und er zum Zahnarzt muss. Ich seufze sehr. Das heißt, dass ich mich am nächsten Tag um einen schnellen Termin kümmern muss und dann schon wieder zu ihm fahren werde. Dabei hat er am kommenden Dienstag sowieso den nächsten Zahnarzttermin. „Glaubst du, du kommst damit bis Dienstag klar?“, frage ich vorsichtig. Er verneint: „Ich kann ja nichts essen, wenn mir das Gebiss immer rausfällt.“ „OK, Papa, der Zahnarzt hat jetzt zu, ich kümmere mich morgen früh direkt darum und sage dir Bescheid.“ Hoffentlich klappt ein Termin am Vormittag, denn um 17 Uhr will ich nach Düsseldorf fahren und bei den üblichen Wartezeiten bei diesem Zahnarzt und dazu als eingeschobener Notfall, kann es bei einem späten Termin zu knapp werden.
Um 8 Uhr am nächsten Morgen komme ich völlig unerwartet sofort telefonisch in der Praxis durch und erhalte einen Termin für 9 Uhr – das ist ja überraschend gut. Blitzschnell mache ich mich fertig und fahre zu meinem Vater, der schon informiert ist, dass es gleich schnell gehen muss. Als ich ankomme, sitzt er beim Frühstück und isst erstmal sein Brot fertig. Moment mal – er isst sein Brot? Es ist weicher Toast und er hat Rührei dazu, aber das Kauen scheint ihm kein Problem zu machen. „Hast du dein Gebiss drin?“, frage ich ihn verwundert. Nein, das ist, zusammen mit dem abgebrochenen Teil, schon in der Jackentasche. Tja, mit ein bisschen weichem Essen und seinen Restzähnen hätte er vermutlich gut bis Dienstagvormittag ausgehalten.

Beim Zahnarzt können wir gleich durchgehen bis ins Behandlungszimmer, eine halbe Stunde später ist alles repariert. Wieso ging das so schnell? Was ist los? Ich hatte mich auf langes Warten eingestellt. Schon vor 11 Uhr bin ich wieder zuhause. OK, der Vormittag ist schon fast rum und ich habe wieder nichts für mich geschafft, aber immerhin werde ich um 17 Uhr stressfrei starten können und habe sogar das Gefühl, ich hätte Zeit gespart. Zeit gespart – nur weil es nicht so lange gedauert hat, wie ich erwartet hatte.
Mit dem Gatten, der seinen letzten Urlaubstag hat, geht es nach Düsseldorf, wo wir uns mit dem Sohn treffen und seinem Tipp folgend koreanisches Eis essen. Das wird nicht cremig gerührt, sondern abgeschabt. Die Konsistenz ist wie frisch gefallener, pulveriger Schnee, nur eben mit Geschmack. Ich wähle „Milchtee“ und treffe es perfekt. Eine leichte Schwarzteenote, Nüsse dazu und oben sogar eine „richtige“ Eiskugel mit Honig, die ich allerdings gar nicht gebraucht hätte. Sehr lecker.

Nach dem Eis geht es ins Savoy, zum „Wohnzimmerkonzert“ von Gregor Meyle. Es ist ein ziemlich großes Wohnzimmer, in dem Gregor mit Band spielt, aber im Vergleich zu seinen oft viel größeren Konzertorten dann doch schnuckelig und nah. Schön ist immer wieder, mit welchem Spaß bei Gregor Musik gemacht wird, dass es nicht hämmernd laut ist und eher ungewöhnliche Klänge von Geige, Saxophon und Flöten gibt. Sehr kreativ, sehr intensiv und mit dem natürlichen und herzlichen Gregor immer ein schönes, berührendes Erlebnis. Ich fühle mich schnell sehr tiefenentspannt und genieße.

Am nächsten Morgen geht es auf die Leiter, um die Dichtungsfarbe auf die Übergänge des Metalldaches zu pinseln. Sie ist wie zähfließendes Gummi und hält das Regenwasser hoffentlich davon ab, nach oben zu kriechen und dann in die Laube zu tropfen. Ob es funktioniert, sehe ich erst, wenn es wieder ausgiebig regnet. Nein, ich simuliere das nicht mit Gießkanne oder Wasserschlauch, ich lasse alles gut trocknen und warte auf die Natur.

Für meine allererste Wohnung habe ich vor fast vierzig Jahren einen großen Tisch bei Ikea gekauft, der mich seitdem begleitet hat. Nur bei der Renovierung der Küche vor drei Jahren, da war er plötzlich draußen. Zwischen den neuen Schränken war er zu groß, die Beine waren wackelig und die Oberfläche sah nicht mehr gut aus. Unser guter, alter Tisch. Er wurde nicht mehr gebraucht, war aber auch zu alt und zu abgewohnt, um ihn einfach verschenken zu können. Das Wort „Sperrmüll“ tauchte am Horizont auf. Was?? Das geht doch nicht. An der Unterseite ist immer noch das Kleinkindergekrickel meiner Kinder zu sehen, also echte Familiengeschichte.

Plötzlich habe ich die Idee, dass der Tisch ja nicht Tisch bleiben muss, sondern auch Bank werden kann. Und so teile ich ihn in der Mitte, säge aus einem Teil ein Stück heraus, kürze seine Beine und baue eine lange Sitzfläche daraus, die fest in die Laube eingebaut wird. Es tut erst ein bisschen weh, den vertrauten Tisch zu zersägen, aber dass er in der neuen Form weiterhin bei uns bleibt und genutzt wird, ist sehr schön und macht ein gutes Gefühl.

Die jetzt 2,30 Meter lange Bank wird noch eine Rückenlehne bekommen sowie ein Zusatzbrett, mit dem sie zu einem Bett erweitert werden kann. Dann schnell eine Klappmatratze drauf und dem Schlafen in der Gartenlaube steht nichts im Wege. Außer natürlich, es regnet und das Dach ist weiterhin nicht dicht. Dann ist es nur halb so gemütlich.
